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Standard. - Bloß, den anderen ist das nicht bewusst. Bonus hat man deshalb noch lange
keinen, und auslassen oder abkürzen darf man schon gar nichts.
Tag für Tag: „Wollen Sie, Sir, unsere schöne, schöne Geschichte kaufen? - Wie wäre es
mit Ihnen, gnädige Frau?“ Das Grundgebot liegt bei einer Garage mit Gartenschlauch. Da-
für jedoch mit der eigenen Existenz hausieren zu gehen, fällt mitunter schwer - vor allem,
weil die Leute, die uns bereits kennen, uns schon mit so viel Selbstwertgefühl vollgepumpt
haben. Aber mit dieser Vergangenheit kann man in unserer Situation keinen Blumentopf
gewinnen.
Das sind so Gedanken, die einem durch den Kopf schwirren, wenn man über eine Stunde
in einem Restaurant sitzt, weil einmal nicht gleich jemand vor Begeisterung aufspringt, um
uns eine Unterkunft mit Verpflegung für die Nacht aufzudrängen.
Jedenfalls haben sich die Leute, bei denen wir heute übernachten, als unheimlich nett er-
wiesen. Wieder einmal - erwartungsgemäß, ist man versucht zu sagen. Aber natürlich, es
ist ja auch ein unglaubliches Land.
7.
Holy Cow!
Lockruf
Und ich hatte gedacht, dass nur die Inder heilige Kühe kennen.
Wir schlafen lange und brechen erst nach 11.30 Uhr auf, dafür inklusive Frühstück. Es
wird kein besonders toller Tag werden, wenn nicht irgendwo eines der üblichen Wunder
passiert: Wir schnauzen uns die ganze Zeit an, und dank steten (wenn auch nicht übermäßig
starken) Gegenwindes verläuft auch das Radfahren einigermaßen zäh.
Vor Moorcroft werden wir für ein paar Sekunden aus unserer Lethargie gerissen: eine
heilige Kuh! - Nein: ein Rehbock. Aber dafür steht er mitten in der Schusslinie: Urplötzlich
wachgerüttelt, treten wir in die Pedale. Das Vieh hopst mehrmals über die Straße. Wie ein
Gummiball. Von links nach rechts, von rechts nach links und eine Zeit lang vor uns her;
dann, als ob es plötzlich eine Eingebung bekommen hätte, springt es nach rechts, über
einen zwei Meter hohen Wildzaun und ab in den Wald, noch bevor wir „Roadkill“ sagen
können.
Da Moorcroft mit keinen weiteren Attraktionen aufwarten kann, fahren wir weiter nach
Gillette. Gillette ist eine Bergbaustadt, was der Experte schon auf größere Entfernung er-
kennt, wenn ihm in regelmäßigen Abständen Güterzüge mit fünf Lokomotiven und bis zu
120 Waggons entgegenkommen. (Ein ausgeschlafener Buchhändler könnte hier bestimmt
an jedem Bahnübergang das große Geschäft machen.) Unser Stimmungsbarometer pendelt
sich bei knapp über null ein. - Was soll man von einem solchen Ort schon erwarten?
Eine halbe Stunde später haben wir ein ganzes Einfamilienhaus für uns (zweistöckig, Ra-
dio, Dusche, Küche …). Ein paar Minuten davor haben wir auf der gegenüberliegenden
Straßenseite Vicky und Alex kennen gelernt, und dabei sind wir wohl endlich mal wieder
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