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den Zorn einer älteren Dame zu: „Schmeißen Sie Ihren Müll gefälligst in die Tonne!“ Ich
breche an Ort und Stelle von Lachkrämpfen geschüttelt nieder und erlange meine Fassung
gerade noch rechtzeitig zurück, um meinen nach Luft schnappenden Bruder an einem eis-
kalten Pensionistenmord zu hindern.
Eilenden Trittes verlassen wir diesen Ort des Grauens, schauen kurz bei der Baustelle des
Crazy-Horse-Monuments vorbei und radeln dann fröstelnd hinunter nach Custer zu „Taco
John“ auf ein paar besonders traurig-fade Tacos. Immerhin: Eisgekühltes Cola dürfen wir
uns hier (wie in den meisten Fast-Food-Ketten Amerikas) nehmen, so viel wir wollen.
Obwohl ich mir trockene Radkleidung angezogen habe, spüre ich vor lauter Kälte mei-
nen rechten Daumen nicht mehr. Selbst eine halbstündige Massage und heißes Wasser aus
dem Toiletten-Wasserhahn können ihn nicht erwecken.
Wen wundert's? Taco Johns Jungs haben die Klimaanlage zweckmäßigerweise ganz dem
vorherrschenden Wetter angepasst und halten die Raumtemperatur konstant bei ungefähr
10 Grad Celsius! Echt cool. - Zwischen den traurigen Tacos gehen wir deshalb immer wie-
der nach draußen, um uns bei 15 Grad ein wenig aufzuwärmen.
Unser Nachmittagsziel ruft: South Dakota und dieses Touristen-Ghetto endlich verlas-
sen! - Nachdem die Chance, heute tatsächlich einen neuen Staat zu erreichen, allmählich
zur Gewissheit reift, werden auch die Stimmung und das Wetter besser: Die Wolkendecke
reißt auf - wärmender Sonnenschein, als wir nach Wyoming einreiten. Die vielen Autos
verschwinden wie von Geisterhand, und auch die Farbe kehrt in unsere Finger zurück. So
lassen sich die Ausläufer der Black Hills wie von selbst bewältigen. Psychosomatik ist
doch was Feines!
So wie diese wunderschönen Pinienwälder im Grenzland zu Wyoming hatte ich mir ei-
gentlich Kanada vorgestellt! In dem Maße, in dem wir das aufregende, wüste, aber von
den Menschen her doch ziemlich unbefriedigende South Dakota hinter uns lassen, finde ich
auch wieder Freude am Radfahren und fiebere dem Yellowstone Park entgegen.
In Newcastle versuchen wir vergeblich, über einen Radiosender einen Platz zum Über-
nachten zu finden (wir haben wohl zu viele Filme gesehen). - Ein paar Blocks weiter setzen
wir die Herbergssuche auf konservativere Art fort: In der „Mill“, Newcastles nobelstem
Fresstempel, warten wir über eine Stunde auf eine Antwort (wir hatten bloß gefragt, ob sie
jemanden mit Garage kennen), bis sich endlich Ferienaushilfskellner Frank erbarmt und
uns mit zu seinen Eltern nach Hause nimmt.
In der Garage unserer neuen Gastgeber versuchen wir eine Stunde lang, den „Achter“
aus Stefans Hinterrad zu fummeln, und reparieren nebenbei die alte Velo-Krücke von
Edith, unserer Gastgeberin. Sie macht uns dafür ein ausgezeichnetes Abendbrot.
No Bonus …
Die Suche nach der abendlichen Unterkunft ist schön langsam Routine geworden. Aber
beim Erzählen müssen wir immer wieder geduldig von vorn anfangen. Immer das gleiche
Lied. Selbst die spektakuläre Geschichte von den zwei verrückten „Austrians“ ist schon
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