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Den Pfarrer schickt der Himmel - wie das genau kam, wird er uns allerdings erst morgen
früh erzählen …
Pastor Paul hat drei aufgeweckte Kinder und einen Hund, den wir wegen seiner sinnlosen
Vorliebe für wieselflinke Streifenhörnchen „Pluto“ nennen. - Im Activity-Room der Ge-
meinde spielen wir schließlich bis spät in die Nacht Tischtennis. (So, ein bisschen Sport
haben wir heute also auch gemacht.)
10.
Did you know that Jesus loves you?
Pastor Paul
Irgendwie hatten wir es ja schon immer geahnt. Doch als uns der Pastor an diesem Mor-
gen dann so unverblümt mit dieser Enthüllung („Did you know that Jesus loves you?“)
konfrontiert, trifft sie uns doch ein wenig unvorbereitet. Die Direktheit seiner Frage (wir
wollten ihm gerade die Hand zum Abschied reichen) ist entwaffnend und ihre rhetorische
Form bringt uns zunächst in Verlegenheit: „Ja“, wäre die falschen Antwort, „nein“ vermut-
lich auch. Mit etwas mehr Erfahrung in Bezug auf den Missionseifer amerikanischer Klein-
kirchen (bei uns vorurteilsvoll als Sekten verschrien) wären wir mit Sicherheit gewappnet
gewesen. So aber unterläuft uns ein klitzekleiner Fehler: Wir zeigen nicht genügend Glau-
benskraft. - Der Pastor holt uns daraufhin in sein Büro und hält uns eine flammende Pre-
digt über Gott, die Suche in unseren Herzen und die Suche nach Liebe ganz allgemein. Wir
haben unsere Radhelme inzwischen wieder abgenommen, drehen sie ein wenig ungeduldig
zwischen den Händen und denken dabei an irgendetwas Neutrales, etwa an ein Stück ver-
regneter Landstraße, möglichst ein paar Stunden weit weg von hier. Doch das verleiht uns
vermutlich erst recht die Aura verlorener Schäfchen.
Auch sonst tun wir wirklich alles, um einer pastoralen Grundsatzdiskussion aus dem Weg
zu gehen: Wir erlauben uns keinen Widerspruch, bekunden dies auch durch rhythmisches
Kopfnicken, sehen abwechselnd in regelmäßigen Abständen auf die Uhr und gestatten dem
Gottesmann sogar für uns zu beten. Als er geendigt hat, werden wir schließlich entlassen.
Schon wenig später zeigen die Gebete des Pfarrers Wirkung. Ein unscheinbarer
kleiner Glassplitter dringt in Tobis Hinterreifen ein und verursacht den ersten „Pat-
schen“ dieser Reise. Gott sei Dank: Daheim bin sonst immer ich derjenige, der vom
Pech verfolgt wird. - Schon seit Boston wartet Tobi hämisch darauf, dass mir ein ent-
sprechendes Missgeschick passiert. Es gibt eben doch noch Gerechtigkeit auf Erden.
Tobi flickt den Schlauch, wird dabei ein bisschen dreckig - aber was soll's …
Heute fressen wir Kilometer, zehren dabei jede Menge Bundesstraßen auf und ziehen uns
als Nachspeise das Örtchen Alabama rein, ehe wir pünktlich zum Abendessen in Niagara
Falls einreiten. Der örtliche YMCA (wohl derselbe wie aus dem Hampelmann-Lied) ver-
langt astronomische 25 Dollar für eine Übernachtung ohne Frühstück, also überreden wir
stattdessen eine ältere Dame, uns eine Ecke ihrer Großgarage zu überlassen. Nachdem wir
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