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zwar, auf einem Pappkarton zwischen völlig verstaubten, kaputten Stühlen zu hocken - da-
für hatte ich aber das einmalige Gefühl, ganz allein in einem uralten Filmtheater zu sein.
28.
Ein Land der Dürre und der Steppe,
wo niemand wohnt.
Jeremias 51, 43
Der Wecker rappelt zwar um 6 Uhr, draußen sind wir aber erst um 8.30 Uhr (selbst für
unsere Verhältnisse eine schwache Leistung). Immerhin: Wir haben zu diesem Zeitpunkt
auch schon Proviant gekauft, können also um 8.30 Uhr tatsächlich los. - Wider alle Erwar-
tungen versteckt sich die Sonne heute vor uns (schämt sie sich etwa wegen vorgestern?).
Anstatt der erwarteten 40 Grad Celsius ist es direkt kühl, nur der Wind ist bis Mittag ziem-
lich bösartig.
Paradoxerweise hat diese verkehrsarme, endlose Sagebrush-Wüste auch etwas unheim-
lich Stärkendes: Man fühlt sich auf einem einfachen Drahtesel richtig verwegen - nur die
eigene Muskelkraft wird einen hier lebend durchbringen.
Wir kommen durch so quirlige Metropolen wie Riley (heute leider geschlossen) und
„Wagontire Station“ (zwei Einwohner). Wagontire Station - ein Ort, der auf unserer Karte
trotz wichtiger geographischer Lage nicht existiert - wird von einem Grantler-Ehepaar be-
trieben, das jeden rauswirft, der ihrer Meinung nach nur das Klo benützen will. Wir konsu-
mieren jedoch jeder eine Suppe und dürfen deshalb außer pinkeln sogar ein bisserl Olym-
pische Spiele schauen. Unsere Pläne, eventuell hier zu übernachten, lösen sich trotzdem
schnell in Luft auf, zumal wir dabei eher an etwas Kostenloses vor dem Haus gedacht hat-
ten. Außerdem sind wir heute sowieso gut zum Weiterfahren ausgerüstet (Wasser, Essen,
Power) und darüber hinaus ist das Wetter ideal.
Wir fahren weiter bis Alkali Lake. Alkali Lake liegt malerisch am Ufer eines Sees. Leider
ist's ein Säuresee, der die meiste Zeit des Jahres auch noch ausgetrocknet ist. Aber sonst?
Der Ort besteht aus einem Café, das heute, Sonntag, offiziell geschlossen hat. Trotzdem
lässt uns Liz, die gutherzige Besitzerin, Getränke kaufen. Als wir uns bei ihr wenig später
nach einer Übernachtungsmöglichkeit erkundigen (weit und breit gibt es hier nichts an-
deres), bietet sie uns für 20 Dollar eine Nacht im Campingwagen (inklusive Dusche und
Kühlschrank) an; als uns das zu viel ist, vermietet sie ihn uns für sieben.
Es ist das erste Mal, dass wir etwas für eine Übernachtung zahlen. Aber was soll man zu
einem solchen Angebot schon sagen! Wir trösten uns damit, dass wir ja noch die 20 Dollar
haben, die uns ein mitleidiger Radfahrer in South Dakota für solche Zwecke geschenkt hat:
Bleiben also noch 13 Dollar Guthaben auf unserem Übernachtungskonto.
Wir erzählen uns heitere Anekdoten über zwei gemeinsame Bekannte, „Grantl und Gri-
selda“, die Betreiber von Wagontire Station: Wir berichten von der jungen Dame, die, oh-
ne zu grüßen oder einzukaufen, die Toilette benützen wollte und hochkant wieder rausge-
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