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Gerade, als wir zu erkennen beginnen, dass es auch heute kein Loskommen geben wird,
betritt Joe den Laden. Joe ist der Boss einer örtlichen Microbrewery und trägt seinen be-
achtlichen Bierbauch wie ein Herrschaftssymbol vor sich her. Als er hört, dass wir das Land
durchradeln wollen, erstarrt er einen theatralisch gespielten Augenblick lang vor Ehrfurcht
und läuft dann in grenzenloser Verzückung zurück auf den Parkplatz zu seinem Pick-up.
Einen Augenblick später ist er wieder da: „Jungs“, sagt er auf Uramerikanisch, „könntet
ihr mir nicht einen Gefallen tun?“ Dann drückt er uns zwei Gallonen „Indian Pale Ale“
(I.P.A. oder „Ai-Pi-Ej“, wie die Amis liebevoll sagen) und „Nut Brown Ale“ (NBA hat
hier leider schon eine andere Bedeutung) in die fassungslos - aber dennoch gierig - geöff-
neten Hände. Wir dürfen das Bier behalten, erklärt er uns, wenn wir bis zur Staatsgrenze
von Massachusetts seine (wirklich feschen) Radtrikots mit dem Firmenlogo „Pilgram Ale“
tragen. Schweren Herzens willigen wir ein. Nach ein paar herzhaften Schlucken Ai-Pi-Ej
sieht die Welt dann gleich viel netter aus.
Zu unserem Erstaunen gelingt es uns tatsächlich, das gesamte Gepäck in die soeben er-
worbenen Radtaschen zu stopfen. Diese passen zwar nicht auf den Radträger, aber nach ein
paar weiteren Schlückchen aus der Ai-Pi-Ej-Bottle finden wir auch dafür eine Lösung: Wir
bohren einfach neue Löcher in die Halterung (genial!). Zwei Stunden nach Ladenschluss
sind wir wirklich startklar. Restlos fertig. Morgen früh soll uns nichts mehr aufhalten.
Wir übernachten bei Nick aus dem Radgeschäft. Gemeinsam mit ihm treffen wir die al-
lerletzten, lebenswichtigen Reisevorbereitungen: Nick bekommt etwas von unserem Pil-
grim Ale ab - so viele Mineralstoffe können zwei sportliche Radfahrer allein gar nicht ver-
drücken -, er hilft uns dafür mittels „Sega Gamegear“, unsere Selbstverteidigungskennt-
nisse sowie die richtige Fahrtechnik auf Kaliforniens Highway One zu verbessern. Irgend-
wann, nach vielen, vielen Mineralstoffen und etlichen tausend Computermeilen, bringt uns
das Sandmännchen endlich die wohlverdienten Träume - die letzten, bevor morgen unsere
große Traumreise beginnt.
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