Travel Reference
In-Depth Information
Ich hab noch nie so viele nagelneue dunkelblaue Levis-501-Jeans auf einen Haufen gese-
hen - außer beim Levis-Händler meines Vertrauens. Und diese peinlichen, nietenbesetzten
weißen Cowboystiefel überall!
Auf dem Rückweg schießt auf einmal eine riesige Sternschnuppe über den Himmel. Weil
das Ding auf alle Fälle gute zehn Sekunden lang zu sehen ist, bleibt uns genug Zeit, einen
kleinen Wunschkatalog durchzubeten. Punkte eins bis drei auf der Liste - Essen, Unter-
kunft und Gartenschlauch - haben sich für heute allerdings bereits erfüllt.
Das letzte Stück
In unseren bisherigen Routenbeschreibungen hat sich der letzte Satz immer ungefähr so
angehört: „… dann Yellowstone und nachher runter nach San Francisco.“ Wir sind also
schon auf der Zielgeraden. In der Tat: Nicht einmal 1200 lächerliche Meilen liegen jetzt
noch vor uns.
Bloß: Dieser letzte Abschnitt begann wie ein Keulenschlag. Arrogant sind wir geworden;
als ob sich die letzten 2000 Kilometer ganz von selber radelten. Tatsächlich gingen uns
nach der langen Pause in St. Anthony die ersten 90 Meilen nur allzu schwer von der Hand.
Beim Kartenstudium stellen wir uns die nächsten zwei Tage gemütlicher vor: Die Städte
haben angenehmere Abstände; nur 140 Meilen durch zwei - das ist machbar.
Aber auch solche Prognosen haben sich schon oft genug als falsch erwiesen. Auf alle
Fälle ist es noch immer kein Spaziergang bis San Francisco. Noch sind wir nicht da. Es
kann noch alles passieren. Wie in Yellowstone.
21.
Head like a hole
Nine Inch Nails
Ein Tag, so bunt wie der Regenbogen. Am Anfang der Palette stehen jedoch Grautöne …
Wieder den ganzen Tag Gegenwind. Stefan hat deswegen Schreianfälle, und ich muss
mich sehr zurückhalten, nicht ebenfalls auszuzucken, bleibe aber nach außen hin seltsam
ruhig: Das beste Beispiel dafür, dass Stefans Verhalten bei mir immer eine Gegenreaktion
auslöst und umgekehrt.
Ich übe das Fahren in Trance. Gestern habe ich mehr Kräfte verbraucht, als mir
eigentlich zur Verfügung standen (gut geblufft …). Dafür bin ich jetzt todmüde; es
kostet mich schon Mühe, überhaupt auf die Straße zu sehen.
Stefan hat seine Kreditkarte wirklich verschmissen. Ich rufe von einer Tankstelle aus zu
Hause an, um mir etwas Rückhalt in meiner von plötzlichem Heimweh durchtränkten Übel-
launigkeit zu holen.
Von Arco, der Stadt der Atompioniere, fahren wir heute rund 120 Kilometer bis nach
Hailey. Endlose Kartoffelfelder fließen über den Horizont hinaus in den blauen Himmel
und schwappen an unsere Straßenkante wie gegen eine Hafenmauer. Ein zarter nebeliger
Schleier liegt über der Landschaft. Mittendrin die sanften Hügel Idahos. Und wieder Kar-
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