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Forderung nach einer Rückkehr zur
alten provenzalischen „Verfassung“,
verbunden mit der weiter gefassten
Forderung, die staatlichen Institutio-
nen zu reformieren.
Zu den unmittelbaren Anlässen der
Revolution muss in der Provence we-
niger das drastische Ansteigen des Ge-
treidepreises gezählt werden als viel-
mehr die allgemein desolate Situa-
tion der Armen, einhergehend mit
Problemen bei den urprovenzalischen
Gütern Wein (dessen Absatz stockte)
und Oliven (bei denen nach dem kata-
strophalen Frost von 1788/89 eine
Missernte bevorstand).
Das alles kam also zusammen und
entlud sich im Frühjahr 1789 in einer
Vielzahl von Querelen, Tumulten und
zum Teil gewalttätigen Aufständen in
den Städten. Die Stadt Nizza sowie
die gesamte nach ihr benannte Graf-
schaft wurde 1793 an Frankreich ange-
schlossen, fiel aber mit dem Wiener
Kongress 1814 wieder zurück an das
Haus von Savoyen.
Die augenfälligste unmittelbare Fol-
ge der Revolution in der Provence wa-
ren jedoch die neue Verwaltungsglie-
derung und die Einteilung des Landes
in Départements, die man im Wesent-
lichen heute noch vorfindet: Var,
Vaucluse, Bouches-du-Rhône, Basses-
Alpes usw. Legendär wurde auch im
Jahre 1815 Napoléons I. berühmter
Zug nach Paris, von Golfe-Juan über
Grasse, Digne und Grenoble, der die
„Herrschaft der hundert Tage“ einlei-
tete. Die Strecke heißt bis heute Route
Napoléon und ist touristisch nicht un-
interessant.
Was die Revolution von 1848 an-
geht, so wurden durch sie auch die
letzten verbliebenen Königstreuen in
der Provence zurückgedrängt, und
zwar in die Gegend von Arles. Ansons-
ten entstand allmählich jene politische
Struktur, die man Midi rouge nennt,
das „Rote Südfrankreich“ aufgrund der
dort vorherrschenden sozialistischen
Wählerschaft.
In der zweiten Hälfte dieses 19. Jh.
hielt allmählich auch die Industrielle
Revolution in der Provence Einzug.
1849 schon verband eine Eisenbahn-
linie Marseille und Avignon, weitere
folgten in den kommenden Jahrzehn-
ten. Mehr noch als die entstehenden
Betriebe sollte dieser Ausbau der Ver-
kehrswege, auch der Kanäle, die pro-
venzalische Wirtschaft verändern. Vor
allem der Anschluss der Côte d'Azur
ans Eisenbahnnetz war der entschei-
dende Faktor für die touristische Ent-
wicklung des französischen Südos-
tens. Ungefähr mit der Gründung des
Kasinos von Monte Carlo 1878 be-
gann der winterliche Fremdenverkehr
an der „azurblauen Küste“, die zu die-
ser Zeit vor allem den europäischen
Adel anzog.
Der Zweite Weltkrieg
Nach dem Ersten Weltkrieg, dessen
Kämpfe den Südosten Frankreichs
nicht direkt betrafen, begann langsam
auch der Sommertourismus an der
Côte d'Azur. Außer den Europäern ka-
men jetzt auch reiche US-Amerikaner,
die es liebten, sich an den Stränden in
der Sonne zu aalen, und die den Jazz
mitbrachten, eine neue Musikrich-
 
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