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staltete sich, was im Kleide einer Uni-
on daherkam, als Anschluss an das
Königreich. Letztlich scheiterten alle
Versuche, sich dem Klammergriff des
übermächtigen Pariser Zentralismus
zu entziehen, der die Geschicke der
Provence bis in unsere Tage lenkt.
Einen Vorgeschmack gab schon die
Gründung des Parlamentes von Aix
1501/02. Nach dem Modell des Pari-
ser Zentralismus entwickelte sich, eine
Stufe darunter, ein Aixoiser Zentralis-
mus, der die königliche Gewalt ent-
scheidend stärkte. Bald war die Amts-
sprache für alle offiziellen Texte nicht
mehr Latein, sondern Französisch
(1539). Jahrhundertelang sollten nun
das Französische und das Provenza-
lische nebeneinander bestehen, das
eine die Schriftsprache und elitär ge-
prägt, das andere die gesprochene,
volkstümliche Sprache.
Wie sah die Provence aus an der
Wende vom 16. zum 17. Jh.? Zunächst
einmal verzeichnete sie ein stetiges
Wachstum der Bevölkerung, das al-
lerdings immer wieder durch Pest-Epi-
demien gebremst wurde bis hin zu je-
ner späten großen Pest von 1720, der
fast 100.000 Menschen zum Opfer
fielen.
Die unterschiedliche Entwicklung in
der Haute Provence und der Basse
Provence zeichnete sich schon deut-
lich ab. In den küstennahen Landstri-
chen lebten die Provenzalen teilweise
in den weit auseinander liegenden
Mas oder Bastiden , meist aber in jenen
Siedlungen, von denen man auch heu-
te kaum zu sagen weiß, ob es große
Dörfer sind oder kleine Städte.
Was die großen provenzalischen
Städte betrifft, so wuchs dort allmäh-
lich eine Art Industrie heran, die schon
die Wasserkraft von Kanälen und Flüs-
sen für sich zu nutzen wusste: Gerbe-
reien, Töpfereien, auch Hersteller von
Tüchern und Stoffen, Seife und Papier.
Mit all dem handelten die Provenzalen
weit über ihre Grenzen hinaus.
Ganz anders das Haut Pays, die
Berge der Hochprovence oder das
Hinterland des Var, wo das Leben un-
gleich härter war. Dementsprechend
groß war die Anziehungskraft des Bas
Pays. Immer mehr Menschen aus dem
Hochland stiegen hinab, wie man das
nannte, und verdienten ihr Brot in den
fruchtbaren Ebenen, zumindest sai-
sonweise.
Gegenüber der französischen Krone
blieben die Provenzalen indessen
wachsam. Kardinal Richelieu, der für
Ludwig XIII. die königliche Autorität
stärken und höhere Steuern eintreiben
wollte, löste 1630 eine Revolte des
Parlamentes von Aix aus. In die Amts-
zeit Ludwigs XIV. fielen Aufstände in
Marseille, die der Sonnenkönig 1660
mit seinem persönlichen Einzug in die
Stadt beendete. Die relative Eigenstän-
digkeit der Provence war nun ein für
allemal vorbei.
Im Zeitalter der Revolutionen
Zu den geistigen Antriebsmotoren
der Französischen Revolution zählte in
der Provence wie anderswo die immer
stärkere Durchdringung der Gesell-
schaft mit aufklärerischen, modernen
Ideen. Hinzu kam jedoch auch die
 
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