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bundene, teils gar formelhafte Verherr-
lichung einer höher gestellten und
noch dazu meist verheirateten Frau,
welcher der Troubadour mit durchaus
echter Zartheit und Innigkeit des Ge-
fühls antrug, wie sehr er sie ob ihrer
Schönheit und moralischen Vollkom-
menheit begehrte. Im Grunde ist das
Thema mit dem Satz von Lope de Ve-
ga zusammenzufassen: Amar sin saber
a quien - „Lieben, ohne zu wissen
wen“: Das ist die höfische Liebe.
Neben diesen kunstvoll komponier-
ten Cansos, die sich um die Liebe
drehten, gab es jedoch noch viele an-
dere Formen. Die Sirventès zum Bei-
spiel waren satirisch-polemische Ge-
dichte über die politischen und religiö-
sen Turbulenzen der Zeit; in den Ten-
sos und Jeux-Partis wurde über eine
bestimmte Streitfrage debattiert.
Der erste bekannte Troubadour war
ein Grand Seigneur, Herzog Wil-
helm IX. von Aquitanien (1071-1127).
Von dort fand die neue Kunst Eingang
im gesamten Sprachraum des Okzita-
nischen, so auch in der Provence.
Hochburg war vor allem der Cour
d'Amour (Liebeshof) von Aix-en-Pro-
vence.
So weit gestreut die geografische
Herkunft der Troubadoure war, so un-
terschiedlich konnte auch die soziale
sein: Raimbaud war ein Herzog, Foul-
quet von Marseille begann als Kauf-
mann, und Bern ard von Ventadour
war gar der Sohn eines Hofbäckers.
Insgesamt wurde die Bewegung aber
vom niederen Adel bzw. Ritterstand
getragen. Kein Wunder, schließlich
passte das in ihren Liedern ausge-
drückte Streben nach Höherem sehr
gut zu ihrem eigentlichen Sinnen und
Trachten: dem sozialen und wirtschaft-
lichen Aufstieg.
Salut, empèri dóu soulèu que bordo
Coume un orle d'argènt lou Rose bléuge!
Empèri dóu soulas, de l'alegrìo!
Empèri fantasti de la Prouvenço
Qu'emé toun noum soulet fas gau
au mounde!
Salut, empire du soleil, qui borde,
Comme un ourlet d'argent, le Rhône
éblouissant!
Empire de plaisance et d'allégresse,
Empire fantastique de Provence
Qui avec ton nom seul charmes le monde!
Sei gegrüßt, Reich der Sonne,
Das, wie ein silberner Saum,
Die flimmernde Rhône einfasst!
Reich der Lust und der Leichtigkeit,
Wunderbares Reich der Provence,
Das du schon mit Deinem Namen
Die Welt bezauberst!
(Frédéric Mistral)
Der Félibrige
Die zweite große Bewegung, die mit
der provenzalischen Sprache zusam-
menhängt, ist der Bund des Félibrige.
Am 21. Mai 1854 gründeten ihn auf
dem Schloss von Font-Ségugne in
Châteauneuf-de-Gadagne (Vaucluse)
Paul Gièra, Joseph Roumanille, Théo-
dore Aubanel, Anselme Mathieu, Jean
Brunet, Alphonse Tavan und Frédéric
Mistral - allesamt Dichter. Im Anden-
ken an die Troubadoure wollten sie
sich zuerst deren Namen geben, ver-
warfen ihn aber zugunsten des Félibre,
den Mistral in einem alten Lied gehört
hatte. Er enthielt die programmati-
schen Vokabeln Fe und Libre: freier
 
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