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Magnet- als auch Strömungsfeld inhomogen und dreidi-
mensional sind. Ansonsten wäre dieser Geodynamo nicht
in der Lage, ein Magnetfeld aufzubauen und zu erhalten.
Die mit diesen Anforderungen verbundenen Schwierig-
keiten wurden jedoch in der Folge durch Weiterentwick-
lungen der Theorie überwunden, indem lokalen Störungen
entweder im Geschwindigkeits- bzw. Magnetfeld oder der
magnetischen Diffusivität ˜ zugelassen wurden (vgl. z. B.
die Zusammenfassungen von Busse 2007 und Busse & Proc-
tor 2007 ) . Namentlich der amerikanische Physiker Walter
Maurice Elsasser (Kasten 5.3 ) entwickelte auf dieser Grund-
lage zwischen 1939 und 1956 eine Theorie des terrestrischen
Geodynamos, welche die Antidynamo-Theoreme beachtet
und mit den bekannten Fakten über das Erdmagnetfeld und
den Zustand des metallischen, flüssigen äußeren Erdkerns
übereinstimmt. Insbesondere erkannte er, dass die große
Längenskala der Konvektionsströme ( 1000 km) im äuße-
ren Erdkern zusammen mit der hohen elektrische Leitfähig-
keit des flüssigen Eisens ( ¢ 10 5 Sm 1 / gemeinsam bewir-
ken, dass das Magnetfeld mit dem flüssigen Eisen über einen
Zeitraum von 10 3 - 10 4 Jahre fest verbunden bleibt (Parker
2007 ) . Elsassers Theorie des Geodynamos wurde mittlerwei-
le sowohl durch anspruchsvolle Laborexperimente bestätigt
als auch durch aufwändige, dreidimensionale numerische
Modellrechnungen der vollständig gekoppelten magnetohy-
drodynamischen Gleichungen der Elektro-, Thermo- und
Fluiddynamik. Neuere Untersuchungen legen nahe, dass die
Magnetfeldstärke B für nicht chaotische Strömungszustände
einem Sättigungswert zustrebt, wenn bei einer Umdrehungs-
rate , einer Dichte ¡ sowie elektrischen Leitfähigkeit ¢
des äußeren Erdkerns der Quotient ƒ D ¢ B 2 =.¡/ ,die
sogenannte Elsasser-Zahl (siehe Tab. 5.7 ) , von der Größen-
ordnung 1 bis 10 ist (Olson 2007 ) . In diesem Fall sind
Lorentz- und Coriolis-Kraft im Gleichgewicht, und d ie Ma-
Magnetfeldlinien im flüssigen äußeren Erdkern mit den Kon-
vektionsströmen mitgeführt werden, bevor die induzierten
Magnetfelder nach 10 3 - 10 4 Jahren diffusiv abklingen. Da-
mit ist eine wichtige Voraussetzung für die Funktionsweise
des Geodynamo zur Erzeugung des erdmagnetischen Haupt-
felds erfüllt.
Unterschiedliche Realisierungen des Geodynamos wer-
den danach charakterisiert, ob bzw. wie in ( 5.20 ) das
Magnet- und das Strömungsfeld miteinander gekoppelt
sind. Im allgemeinsten Fall erfordert dies neben der Lö-
sung der Induktionsgleichung ( 5.16 ) bzw.( 5.17 ) und einer
(Navier-Stokes-)Gleichung für das Strömungsfeld auch die
Lösung einer Wärmetransportgleichung für das Temperatur-
feld, wenn die Abhängigkeit der Materialeigenschaften wie
Dichte und Viskosität von der Temperatur berücksichtigt
werden soll.
Betrachten wir aber zunächst eine einfache Umsetzung,
den sogenannten ' - -Dynamo. Dabei handelt es sich um
einen rein kinematischen Dynamo mit einem entsprechend
dem Abstand von der Drehachse differenziell rotierenden,
flüssigen und elektrisch leitenden äußeren Erdkern mit fest
vorgegebener Umdrehungsrate. In dieser Konfiguration wird
ein initiales, poloidales, also in Richtung der Magnetpole
orientiertes, meridionales Startfeld durch die differenziel-
le Rotation des Kerns in ein toroidales Feld umgewandelt.
Dies wird als -Effekt bezeichnet, wegen des die Umdre-
hungsrate bezeichnenden Symbols. Zur Verstärkung bzw.
Aufrechterhaltung des initialen poloidalen Startfelds muss
nun dieses toroidale in ein poloidales Feld umgewandelt
werden. Hierzu wird das mittlere Strömungsfeld als durch
lokale Turbulenzen gestört angenommen (vgl. z. B. Raed-
ler 2007 ) . Folglich ist es nicht mehr rein toroidal. Daher
besteht auch kein Widerspruch zum zweiten oben genann-
ten Antidynamo-Theorem. Die Turbulenzen können z. B.
durch die Coriolis- und Eötvös-Beschleunigungen bewirkt
werden, welche in einem rotierenden System bewegte Kör-
per ablenken: Die Coriolis-Beschleunigung nach rechts bzw.
links auf der Nord- bzw. Südhalbkugel ( 4.38 ) , die Eötvös-
Beschleunigung in radialer Richtung, es sei denn, die Rela-
tivbewegung der Körper auf der rotierenden Erde verläuft
rein meridional ( 4.36 ) . Die lokalen Turbulenzen des Strö-
mungssystems bewirken entsp re chende lokale Turbulenzen
des Magnetfelds. Wenn B D B C B 0 und v D v C v 0 die
resultierenden Felder bezeichnen, deren Mittelwerte B und
v jeweils durch die Fluktuationen B 0 un d v 0 u m den Mitt el-
wert n ull g estört sind, so folgt mit v C B D v C B, v B D vB,
vB 0 D v 0 B D 0
gnetfeldstärke B skaliert bis auf eine Konstante mit p ¡=¢ .
Wie man ( 5.16 ) entnehmen kann, erfordert ein funktio-
nierender Geodynamo das Überwiegen der Advektion des
Magnetfelds gegenüber seiner ohmschen Dissipation. Dies
trifft zu, wenn die magnetische Reynolds-Zahl (Tab. 5.7 )
sehr viel größer als eins ist. Welcher Wert ergibt sich nun
für die Konvektion im flüssigen äußeren Erdkern? Die Di-
cke des äußeren Erdkerns ist
` D
2269
km, und Unter-
suchungen der geomagnetischen Induktion ergeben Werte
für die elektrische Leitfähigkeit von
kSm 1 -
500 kSm 1 . Aus der Westdrift des Magnetfelds von etwa
0,2°-0,3° pro Jahr ergibt sich eine Strömungsgeschwindig-
keit u des flüssigen Eisens im Erdkern von ca. 22 km-
33 km pro Jahr. Dies entspricht einer mittleren Strömungs-
geschwindigkeit in der Größenordnung von u D 1 mm s 1 .
Damit erhält man mit einer magnetischen Diffusivität von
˜ D . 0 ¢/ 1 D 1;6 m 2 s 1 schließlich eine magneti-
sche Reynolds-Zahl von Re m
¢
D
300
: v B D . v C v 0 /. B C B 0 / D v B C v 0 B 0 .
Eingesetzt in ( 5.14 ) ergib t d ies ein er weitertes ohmsches
Gesetz: j D ¢. E C v B C v 0 B 0 / , welches u m eine
neue, turbulente elektromotorische Kraft EMK D v 0 B 0
erweitert ist. D iese kann als lineare Funktion des mittleren
Magnetfelds B aufgefasst werden und hängt beispielsweise
,alsosehr
viel größer als eins. Hieraus kann man schließen, dass die
D
u
`=˜
1400
 
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