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BERGE UND BEHÖRDEN
Yushu bis Chengdu
SACKGASSE / 4. SEPTEMBER / YUSHU
PAUL
»Scheiße … verdammt!« Ich stehe vor der Polizeistation in Yushu und könnte kotzen.
Was heißt schon Polizeistation? Yushu ist das reinste Trümmerfeld. Eine in eine riesige
Staubwolke gehüllte Baustelle. Hier steht seit dem Erdbeben kein Stein mehr auf dem an-
deren. Zig Meter hohe Schutthaufen lagern vor der Stadt und werden von riesigen Mühlen
zu Sand verarbeitet. Nebenan wird der gewonnene Sand zu Beton verarbeitet und in
schier endlosen Lkw-Schlangen wieder ins Zentrum gefahren. Es herrscht absolutes Chaos.
Von den zehn auf Google Maps eingezeichneten Hotels, die wir heute Morgen abgeklap-
pert haben, steht nur noch eines. Strom gibt's nur in den Abendstunden, weil alle Genera-
toren tagsüber für Bauarbeiten benötigt werden. Jeder, der das gesehen hat, kann sich so-
fort denken, dass hier nicht normal gearbeitet werden kann. Das Hauptrevier der Polizei
ist zehn Kilometer aus der Stadt in einen Container ausgelagert worden, und dort hat man
nur schlechte Nachrichten für uns. Auf keinen Fall ist dort eine Visaverlängerung mög-
lich. Die hilfsbereite Polizistin, die in ihrem blitzsauberen Kostüm aussieht, als wolle sie
die Unordnung um sie herum durch ihre Erscheinung ausgleichen, schüttelt fassungslos
den Kopf, als wir ihr erzählen, dass der Polizist in Golmud uns versichert hat, in Yushu
würde uns weitergeholfen. »They so not know, what happened here« , sagt sie traurig.
Das Ergebnis unseres sinnlosen Ausflugs zur Polizeistation: Um ein Visum zu verlän-
gern bzw. neu zu beantragen, müssen wir nach Xining. Xining ist 1000 Kilometer ent-
fernt von Yushu im Norden. Weit, weitab unserer Route. Resigniert gehen wir zurück
zum Eingangstor des Verwaltungsgeländes, wo wir uns auf den Schock ein Eis an einem
kleinen Kioskstand kaufen.
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