Database Reference
In-Depth Information
13
Quantitative Methoden I -
Probabilistische Netzwerke
Neben den symbolischen Methoden zur Reprasentation unsicheren Wissens verfolgte
man von Anfang an auch quantitative Ansatze zur Reprasentation und Verarbei-
tung von Wissen. Ein wegweisendes Beispiel hierfur war MYCIN, eines der ersten
namhaften Expertensysteme (siehe Kapitel 4.7). Im Allgemeinen werden dabei den
Aussagen bzw. Formeln numerische Großen zugeordnet, die den Grad ihrer Gewis-
sheit, die Starke ihrer Einflussnahme, ihren Zugehorigkeitsgrad zu einer gewissen
Menge o. A. ausdrucken. Außerdem mussen Verfahren zur Verfugung gestellt wer-
den, die diese Großen verarbeiten, um neues - quantifiziertes - Wissen abzuleiten.
Die dadurch gegebene Moglichkeit, zahlenmaßig reprasentiertes Wissen zu ver-
rechnen bzw. zu berechnen, stellt im Rahmen der automatischen Wissensverarbei-
tung sicherlich einen großen Vorteil dar. Insbesondere in den Ingenieurwissenschaf-
ten besitzt diese numerische Vorgehensweise eine lange Tradition. Dennoch durfen
die Nachteile bzw. Schwierigkeiten nicht ubersehen werden: Durch die Komplexitat
vieler realer Probleme gerat man leicht an die Grenzen des Berechenbaren. Hier hel-
fen grundlegende vereinfachende Annahmen, die geschickt in die Inferenzverfahren
eingebaut sind.
Ein anderes Problem taucht schon bei der Konzeption eines solchen wissensba-
sierten Systems auf: Zum Aufbau einer Wissensbasis benotigt man eine Menge Zah-
lenmaterial. Liegen gesicherte statistische Daten vor, greift man in der Regel gerne
auf sie zuruck. Moglich ist aber auch die Aufnahme subjektiver Quantifizierungen.
Gerade auf diese Weise findet das so oft bemuhte Expertenwissen tatsachlich Ein-
gang ins System. Allerdings sollte die Schwierigkeit einer konsistenten Spezifizierung
unsicheren subjektiven Wissens nicht unterschatzt werden.
Schließlich ist es unbedingt notwendig, die Semantik einer “quantitativen Lo-
gik” zu kennen, um einerseits eine problemadaquate Modellierung zu gewahrleisten
und um andererseits den errechneten Zahlen die richtige Bedeutung beimessen zu
konnen. Umgekehrt sollte man sich z.B. daruber im Klaren sein, ob die zu quantifi-
zierende Unsicherheit ihren Ursprung in unvollstandiger Information hat oder durch
eine probleminharente Unbestimmtheit bedingt ist. Die sorgfaltige Auseinanderset-
zung mit diesen Problemen wird jedoch im Allgemeinen mit einem System belohnt,
das gegenuber zweiwertigen symbolischen Ansatzen wesentlich ausdrucksstarker ist.
Die alteste und immer noch am besten entwickelte Methode zur quantitativen
Darstellung der Unsicherheit ist nach wie vor die Wahrscheinlichkeitstheorie. Sie
nimmt im Rahmen der quantitativen unsicheren Ansatze eine ahnlich zentrale Rol-
le ein wie die klassische Logik unter den symbolischen Ansatzen. Im Allgemeinen ist
probabilistisches Schließen jedoch nur in einem sehr begrenzten Maße moglich. So
lasst sich beispielsweise die Wahrscheinlichkeit einer Konjunktion P (A
B) im All-
gemeinen nicht aus den Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Konjunkte P (A) und
P (B) berechnen - probabilistische Logik ist nicht wahrheitsfunktional (vgl. Ab-
schnitt 3.3.1).
Search WWH ::




Custom Search