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Touristen verladen
Eine Reise in die Schweiz wurde für viele Mittelschichtbürger des viktorianischen England
ein erfüllbarer Traum. Ein rasanter Anstieg der Besucherzahlen von den Britischen Inseln
brachte die Schweizer Tourismusbranche in Gang, nicht zuletzt weil Urlauber Geld ausga-
ben und es immer noch tun. Mit rund acht Millionen Besuchern jährlich ist der Tourismus
in der Schweiz ein erheblicher Wirtschaftsfaktor und ein großer Arbeitgeber. Nirgends
zeigte sich die jüngste Wirtschaftskrise deutlicher als an den leeren Betten und Restau-
rants der Erholungsorte. Der einzige Lichtblick war, dass die Schweizer selbst ihre besten
Kunden sind und als Urlauber im eigenen Land doppelt so viel Geld ausgeben wie die
Fremden. Aber damals, im 19. Jahrhundert, ging es nicht nur ums Geld. Hotels schossen
wie Pilze aus dem Boden, Schaufelraddampfer traten ihre Jungfernfahrt an, und aus Berg-
bauern wurden Bergführer, um Mr. und Mrs. Smith aus Surrey schöne Tage zu bereiten.
Und mit dem Bau der ersten europäischen Zahnradbahn auf die Rigi bei Luzern folgte
auch die Bahn dem Ruf der Berge, wodurch die Engländer es fortan noch bequemer hat-
ten. Die Schweizer Alpen wurden zur modernen Touristenattraktion.
Mit seinen 1797 Metern ist das Rigi-Massiv weder besonders hoch noch besonders steil
oder überragend schön. Dennoch hat die Rigi Besucherströme angelockt, seit Urlauber die
Schweiz besuchen. Nicht wegen des Berges an sich, sondern wegen des Ausblicks. Die
»Königin der Berge« erhebt sich wie eine wasserumspülte Insel im Herzen der Schweiz,
fast rundum umgeben vom Vierwaldstätter See und vom Zuger See (siehe Karte vom Vier-
waldstätter See). Das 360-Grad-Panorama umfasst die gesamte Bergwelt der Schweizer Al-
pen, vom Säntis im Osten bis zum Berner Oberland im Westen. Für Touristen früherer
Jahrhunderte war es der absolute Höhepunkt einer Schweiz-Reise, den Sonnenaufgang auf
dem Gipfel der Rigi zu erleben. Mark Twain hat ihn beschrieben, Thomas Cooks erste Rei-
segruppe bestieg dafür das Massiv, und Königin Viktoria genoss den Luxus, sich in einer
Sänfte hinauftragen zu lassen. Heutzutage sind menschliche Lastesel schwer aufzutreiben,
aber Sie können immer noch auf Schusters Rappen zu Berge ziehen, wenn Sie vier Stun-
den übrig haben. Noch besser nehmen Sie den Dampfer von Luzern nach Vitznau und fah-
ren in einem historischen Transportmittel hinauf.
Nachdem der kleine rote Zug die letzten Häuser und einen Tannenwald passiert hat,
rattert er über Blumenwiesen und felsige Hänge zum Gipfel hinauf. Die angenehme halb-
stündige Fahrt begeistert die Menschen seit dem 21. Mai 1871.
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