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schlimm ist, denn das französische Dressing in der Schweiz schmeckt so köstlich, dass
meine Familie es nach jedem Besuch flaschenweise mit nach Hause nimmt.
Wichtiger zu wissen ist vielleicht noch, dass gemischter Salat mehr ist als gemischter
Blattsalat mit Tomaten und Gurken und vielleicht noch ein paar Zwiebelringen. Bei ei-
nem gemischten Schweizer Salat verbergen sich, kreisförmig angeordnet, vier oder fünf
verschiedene Salate unter den grünen Blättern: typischerweise Maiskörner in milder Cur-
rysauce, eingelegte Rote Bete (gewürfelt, nicht in Scheiben), Krautsalat, geraspelte Karot-
ten, Gurken in Joghurtsauce oder ein paar Kidneybohnen. Ein kleines Salatbüfett auf ei-
nem einzigen Teller.
Als wäre das noch nicht genug, gewährt auch der typisch schweizerische Verzehr eines
gemischten Salats Einblick in kulturelle Normen. Denn die Schweizer mischen und mant-
schen die verschiedenen Minisalate nicht zu einem Happen zusammen, sondern nehmen
mit jeder Gabel nur einen Bissen von je einer Sorte. Was bei anderen Gerichten seine
Entsprechung findet. Die meisten Schweizer essen, was sie auf einem Teller serviert be-
kommen, auf sehr ähnliche Weise, nämlich indem sie jede Speise einzeln in den Mund
schieben - also zuerst ein Stückchen Kartoffel, dann ein bisschen Fleisch und als Nächs-
tes etwas Brokkoli. So können sie alles abwechselnd genießen, und keine Nuance geht in
einer Mischung verloren. Wobei ihnen entgeht, was beim Kombinieren als neuer Gau-
menkitzel entstehen könnte. Doch ein Schweizer bleibt lieber dem treu, was er kennt.
Fondue und Müesli sind die beiden Nahrungsmittel, die von den meisten Menschen so-
fort mit der Schweiz in Verbindung gebracht werden, aber die Schokolade ist zur essba-
ren Exportikone geworden. Da die Schweiz ein kleines Land ist und kaum Bodenschätze
besitzt (wohl aber Wasser und Kühe), ist ihre Stellung als herausragender Schokoladenex-
porteur umso erstaunlicher. Doch dank ihrer Lage als Schnittstelle Europas konnte sie
sich die erforderlichen Rohstoffe sichern, und Schweizer Erfindungsgeist lieferte das nöti-
ge Werkzeug zum Anrühren des braunen Zaubertranks. Das Wesentlichste aber war
wohl - wie bei vielen anderen Erzeugnissen auch -, dass es den Schweizern bei der Scho-
kolade immer mehr um Qualität als um Quantität ging. Gibt es überhaupt schlechte
Schweizer Schokolade? Falls ja, ist sie mir jedenfalls noch nicht untergekommen. Meine
Blindverkostung beweist, dass selbst die billigste Eigenmarke mit edlen Marken konkur-
rieren kann, doch dafür muss man wirklich in die Schweiz fahren. Im Gegensatz zu Tob-
lerone und Lindor kriegt man Prix Garantie nicht in britischen oder deutschen Super-
märkten.
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