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zu können, die große Meerestiefe, in der sich die Manganknollen
finden, stellt die Rohstoffsucher vor einige Probleme. Im Jahr
1978 hat bereits ein Konsortium mit der Bezeichnung Ocean
Management Incorporation (OMI) unter der Leitung der frühe-
ren Preussag rund 800 t Manganknollen aus dem Pazifischen
Ozean an die Oberfläche gebracht. Bei dem Testabbau kamen
sowohl das Airlift-Verfahren als auch hydraulische Vertikalpum-
pen zum Einsatz und es zeigte sich, dass sie für den Unterwasser-
bergbau aus großen Tiefen durchaus geeignet sind. Dennoch ist
der Bergbau in so großen Meerestiefen kostspielig, und der
Abbau der Knollen lohnt sich nur, wenn sie bestimmte Gehalte
an Kupfer, Kobalt und Nickel enthalten und wenn mindestens
5-10 kg Manganknollen auf 1 m² Meeresboden liegen. Pro Ein-
heit aus Schiff oder Plattform mit dazugehörigem Sammler
müssen laut Universität Hannover pro Tag mindestens 5000 t
gefördert werden, um ohne Verluste zu arbeiten (Lohmann &
Podbregar 2012).
Für eine so große Menge an Knollen müssen aber auch in
sehr guten Feldern weite Gebiete des Meeresbodens abgesam-
melt werden. Dabei werden auch große Mengen des Sediments
bewegt. Und genau hier beginnen die Probleme. Wenn das Sedi-
ment mit den Knollen an die Oberfläche kommt, ist es uner-
wünscht. Zum einen belastet es die Pumpen, die diesen uner-
wünschten Ballast mit heraufpumpen müssen. Außerdem müss-
ten die Manganknollen dann von dem anhaftenden Sediment
getrennt werden, denn schließlich will man ja Manganknollen
laden und nicht nutzlose Tiefseesedimente.
Diese Sedimente stellen auch in anderer Hinsicht noch ein
Problem dar. Denn die kalten und lichtlosen Tiefen der Meere
sind nicht so lebensfeindlich, wie es uns bei 3 °C, der ewigen
Dunkelheit und dem dort herrschenden enormen Wasserdruck
erscheinen mag. Und sie sind nicht bar jeglichen Lebens. Im Ge-
genteil, eine Vielzahl von Organismen hat sich an die dort herr-
schen Bedingungen hervorragend angepasst. Sesshafte Wesen
wie Schwämme, Anemonen, Borstenwürmer und Seelilien gehö-
ren ebenso dazu wie Tintenfische, Krebse oder Seegurken. Und
all diese Lebewesen wären durch die Förderung der Mangan-
knollen mehr oder weniger stark betroffen. Ganz zu schweigen
von den Lebewesen in höheren Regionen der Wassersäule, in die
die geförderten Sedimente abgeladen würden. Immense Sedi-
mentfahnen würden im Fall der Fälle von den Sammelschiffen
oder Plattformen weit ins Meer hineinreichen. Die dadurch ver-
ursachten chemischen Veränderungen, etwa durch die im Poren-
wasser der Sedimente gelösten Stoffe, können unter anderem den
Sauerstoff im Wasser verbrauchen und so zu lokaler Sauerstoff-
armut und daraus resultierender Abwanderung oder zum Ab-
sterben von Meereslebewesen führen. Die feinen Schlammparti-
kel könnten auch Fischkiemen oder Filtrierapparate der Lebewe-
sen im Meer beeinträchtigen. Noch dazu haben die Menschen
kaum einen Schimmer, was und wer da unten eigentlich genau
lebt oder wie schnell sich die Ökosysteme nach einer so tief grei-
fenden Veränderung wie dem Fördern der Knollen wieder erho-
len würden. Um das zu ändern, wurde in den 1980er-Jahren der
Forschungsverbund TUSCH (Tiefsee-Umweltschutz) gegrün-
det. Eines der wichtigsten Experimente zur Klärung der Folgen
des Tiefseebergbaus war das DISCOLL-Experiment (Disturb-
ance and Recolonisation Experiment), in dessen Rahmen das
Forschungsschiff Sonne die Lebensgemeinschaften der Mangan-
knollenfelder des Peru-Beckens untersuchte. Dabei fanden sich
sogar auf den Knollen selbst Bryozoen (Moostierchen) und an-
dere benthische Lebewesen. Nachdem der Istzustand des dorti-
gen Ökosystems festgestellt worden war, wurde ein 3,5 km großes
Gebiet mit einem 8 m breiten Pflug umgegraben, um Tiefsee-
bergbau zu simulieren. Zusammen mit dem dabei aufgewirbel-
ten Sediment war ein rund 20 km 2 großes Gebiet direkt oder
indirekt von den Aktivitäten betroffen. Wie sich zeigte, waren die
unmittelbaren Folgen zwar verheerend, aber im Laufe der folgen-
den sieben Jahre wanderten viele der ursprünglichen Arten
wieder in die veränderten Gebiete ein. Weil die Manganknollen
untergepflügt waren (und im realen Bergbaufall würden sie ja
Kasten 5.7
Glomar Explorer
Während das Manganknollenfieber in den späten 1960er- und
beginnenden 1970er-Jahren grassierte, gab es durchaus auch
Forschungsprojekte, deren eigentliches Ziel ganz andere
Schätze bildeten. Darunter fällt auch das Azorian-Projekt (auch
als Projekt Jennifer bekannt). Die CIA war an den Milliardär
Howard Hughes herangetreten, der eine Firma namens Global
Marine, Inc. besaß, die verschiedene Schiffe zum Abbau mariner
Ressourcen betrieb. 1971 baute Global Marine die Glomar
Explorer, die vor Hawaii nach Manganknollen suchen und diese
im Rahmen eines Testbetriebs auch fördern sollte. Doch dieser
Plan, der so schön in die Zeit passte, war in Wirklichkeit nur
Tarnung. Das Schiff hatte einen vollkommen anderen Auftrag.
Einige Jahre vorher, im März 1968, war in der Nähe Hawaiis
das sowjetische Raketen-U-Boot K129 verloren gegangen.
Das Boot, ein dieselelektrisches U-Boot der Golf-II-Klasse, war
am 24. Februar mit 86 Mann Besatzung von seinem Stützpunkt
in Petropawlowsk-Kamtschatski ausgelaufen und hatte sich
noch einige Male während des Schnorchelns gemeldet. Ab März
herrschte dann plötzliche Funkstille. Die sowjetische Marine
führte in den folgenden Wochen eine Suchaktion entlang des
vorgesehenen Kurses des Bootes durch, allerdings erfolglos.
Die Aktivitäten der Sowjets blieben aber der US-amerikanischen
Marine nicht verborgen. Außerdem hatten die Unterwasser-
lauschstationen des Sound Surveillance System (SOSUS) vorher
eine Unterwasserexplosion aufgezeichnet, deren genauen
Ort man durch Triangulation ermittelte. Zusammen mit den
festgestellten Aktivitäten der Sowjets schloss man in Amerika,
dass die sowjetische Marine höchstwahrscheinlich eines ihrer
U-Boote verloren hatte. Man schickte ein eigenes, für die
Unterwasserspionage umgerüstetes U-Boot, die USS Halibut
(SSGN 587), in die Region und fand das Wrack in 5000 m Wasser-
tiefe. Doch wie sollte man es bergen? Hier kam die Idee auf,
ein Schiff zur vermeintlichen Suche nach Erzen zu benutzen.
Ausgestattet mit der zur Bergung nötigen Ausrüstung gelang
es im Sommer 1974, zumindest Teile des U-Bootes an Bord zu
nehmen.
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