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Der East Side District ist ein multikultureller Paradiesgarten, das Viertel der Immigranten,
das Vorzimmer der USA. Am augenfälligsten sind seit vielen Jahren die Chinesen, deren
Enklave unaufhaltsam wächst, während sich die Italiener in den vergangenen Jahrzehnten
mehr und mehr aus Little Italy zurückgezogen haben. Zeugnisse ihrer Lebensart sind den-
noch nicht ganz verschwunden, v. a. in kulinarischer Hinsicht.
Die ersten Chinesen kamen bereits in den 1850er Jahren ins Land, einige angelockt durch
die Verheißungen des kalifornischen Goldrausches, andere als Wanderarbeiter, die beim
Eisenbahnbau tätig waren. Die Einwanderer blieben meist unter sich, und so entstanden in
vielen amerikanischen Städten kleine chinesische Enklaven. Bald war auch New York
davon betroffen, denn nachdem sich der Traum vom schnellen Gold nicht erfüllt hatte, zo-
gen viele Chinesen auf der Suche nach Arbeit durchs Land und siedelten sich andernorts
an. Dennoch beginnt die eigentliche Geschichte von New Yorks Chinatown erst viel
später, denn die chinesische Zuzugswelle verebbte, bevor die dortige chinesische Enklave
nennenswerte Dimensionen erreicht hatte: Grund war der Erlass des Chinese Exclusion
Act (1882), der einen kompletten Einwanderungsstopp verfügte und den bereits im Land
befindlichen Chinesen - meist Männer, die zunächst ohne ihre Familien gekommen waren
- massive Einschränkungen auferlegte. So war etwa der Nachzug von Frauen und Kindern
verboten, was zur Folge hatte, dass die Chinese Societies fast reine Männergesellschaften
blieben.
Der Chinese Exclusion Act sollte zunächst nur eine Laufzeit von zehn Jahren haben. Doch
die beständig wachsenden Ressentiments gegenüber den oft zu Dumping-Löhnen einges-
tellten Arbeitern aus Fernost sorgten dafür, dass er Jahrzehnt um Jahrzehnt bestätigt und
erst 1943 durch eine Quotenregelung ersetzt wurde. In der Folge stieg die Einwohnerzahl
Chinatowns langsam, aber stetig an, bis die Anhebung der Quote im Jahr 1968 zu einer
wahren Bevölkerungsexplosion führte. Der letzte große Ansturm schließlich wurde 1997
durch die Übergabe der britischen Kronkolonie Hongkong an China ausgelöst - er hält bis
heute an. Inzwischen ist Chinatown mit rund 150.000 offiziell hier ansässigen Landsleu-
ten (und geschätzten 100.000 Illegalen) die größte chinesische Gemeinde außerhalb des
Mutterlandes. Die chinesische Bevölkerung New Yorks ist seit 1990 um 100 % gewach-
sen. Auch andere Asiaten, v. a. Vietnamesen, zieht es nach Chinatown. Viele Zuzügler
leben jedoch wegen der hohen Mieten in einem der anderen fünf Chinatowns von New
York oder in East Harlem. Insgesamt sollen geschätzte 660.000 Chinesen in der Stadt
wohnen.
Auf Besucher machen die fernöstlichen Gerüche, das dichte Gedränge und Gewusel, die
exotisch anmutenden Wahrsagerbuden und die farbenfrohen Werbeflächen mit chinesis-
chen Schriftzeichen mächtig Eindruck. Man meint, in einer anderen Stadt, einer anderen
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