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die neben dem Hotel gelegene Düne, um den Sonnenuntergang zu bestaunen.
Dabei wundern sie sich, dass es eine Dreiviertelstunde dauert, den Sandberg zu
besteigen, der doch so nah aussieht. Die Leute in der Liwa-Oase wissen dies. Sie
wissen auch, an welchen Abenden es sich lohnt, auf die Dünen zu kletern.
Mancher Staub in der Lut macht den Sonnenuntergang langweilig. Anderer
Staub macht ihn glühend rot. Je nachdem, wie der Tag war. Der Abend in der
Wüste ist immer eine Erinnerung an den vorangegangenen Tag.
Die Macht der Wüste: Unter dem Plaster - der Sand
So verschieden die sieben Emirate sind und so sehr sie darauf achten, sich
voneinander abzugrenzen und eigene Proile zu schärfen - was sie verbindet ist
das, wo augenscheinlich nichts ist: die Wüste. Sie ist in den Emiraten überall
dort, wo es kein Meer und keine Brunnen gibt, also nahezu überall. Europäern
entlockt dies gerne die Platitüde, Dubai sei »auf Sand gebaut«, für Emiratis ist
die Wüste dagegen etwas Archaisches, Magisches, Erhabenes und Ewiges. Die
Moderne mit ihren Errungenschaten ist, gemessen an der Wüste, nur eine Er-
scheinung, etwas Brüchiges, das der Macht der Wüste nur ein paar Augenblicke
lang etwas entgegensetzen kann. Aus jeder nicht versiegelten Ritze im Gehsteig
kommt Sand hervor, jedes freie Grundstück ist ein Rechteck Wüste, auf dem sich
zwar parken lässt, aber nur unter Aufwirbelung größerer Staubmengen. Jedes
Plänzchen, das nicht bewässert wird, zerfällt zu Sand und Staub, und der Wind
trägt regelmäßig noch mehr Sand aus dem Landesinneren heran, der dann sogar
an den Fenstern der höchsten Hochhäuser hatet und kleine Zeichnungen hinter-
lässt - Staubblumen stat Eisblumen. Nach solchen Sandstürmen holen die
Dubaier Apotheker körbeweise Augentropfen und -salben hervor und stellen sie
grifbereit auf die Ladentische.
Die Wüste ist und bleibt in den Emiraten allgegenwärtig. Sie gilt in den
Städten als die Natur, die man zähmen muss, und liefert im wahrsten Sinne den
Sand im Getriebe des Fortschrits. Jede Bauirma kennt ihn, die Reinigungs-
branche verachtet und liebt ihn zugleich. Das Wüstenklima bestimmt den Alltag,
auch den des Büromenschen. Es gibt kein Entkommen vor der Wüste, nicht ein-
mal beim Radiohören, denn jeder Weterbericht erinnert die Hörer daran, wo sie
sind, auch im Winter: Das Wort für Temperatur ist in Emiratischen Weter-
berichten harara , das bedeutet streng genommen Hitze und Fieber. Das neutrale
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