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Kurvige Schönheit
Beim Autofahren auf Korsika braucht man starke Nerven und einen starken Ma-
gen. Abgesehen von den sechs mit einer N-Nummer versehenen Nationalstraßen,
auf denen man auch mal ein längeres Stück geradeaus fahren kann, scheinen die
übrigen Fahrbahnen ausschließlich aus Kurven zu bestehen. Mal sind sie aus-
ladend und großzügig, dann wieder eng und haarnadelig. Von der Bergseite droht
an manchen Stellen Steinschlag, auf der Talseite geht es steil bergab ins Meer oder
in tiefe Schluchten. Je abgelegener die Straße ist, desto schmaler wird sie. Am Cap
Corse oder in der Castagniccia wird es so eng, dass man vor jeder Kurve hupen
sollte - also dauernd. Über diese Harakiri-Landstraßen darf man theoretisch mit
einer Geschwindigkeit von 90 Stundenkilometern fahren. Das ist absurd, denn
man müsste schon ordentlich aufs Gaspedal treten, um dieses Tempo überhaupt
zu erreichen. Die meisten Ortsunkundigen schaukeln lieber mit entspannten 40
oder 50 auf dem Tacho durch die Kurven. Das genügt, man fühlt sich ohnehin
schon wie in einem Rennfahrer-Videospiel.
Vorsicht ist auch bei Wegweisern und Ortsschildern geboten. Sie sind häuig
zweisprachig, mit dem Namen der Stadt oder des Dorfes auf Französisch und auf
Korsisch. Die Herausforderung dabei ist, dass Nationalisten die französische
Bezeichnung ot übersprühen oder zerschießen. Und mit »zerschießen« meine ich
zerschießen, mit echtem Schrot oder echten Kugeln. Die französische Beschritung
ist daher ot unleserlich. Pech für alle, die kein Korsisch können. Zwar erschließen
sich viele Ortsbezeichnungen auch dem Korsisch-Unkundigen sofort: Ajaccio etwa
heißt auf Korsisch Aiacciu , und aus Porto wird Portu . Bei Bavella ( Bavedda ) oder
Propriano ( Prupia ) wird es aber schon komplizierter, was zu einiger Verwirrung
führen kann.
Die zweite Herausforderung sind die Kilometerangaben. Sie basieren wahr-
scheinlich auf der Lutlinie zwischen den Orten oder auf irgendeiner anderen du-
biosen Messmethode, jedenfalls entspricht die Zeit, die man in Deutschland als er-
fahrener Autofahrer einrechnen würde, um eine bestimmte Strecke zurückzule-
gen, keineswegs der angegebenen Entfernung. Wenn also an der Westküste kurz
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