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andere das Kruziix. uasi ohne ihren Wirkungsraum, die Küche, zu verlassen,
stachelt die schwarz gewandete Frau die Männer ihres Clans mit Worten, Gesän-
gen und Intrigen derart auf, dass es schließlich zu der von ihr herbeigesehnten
Tat kommt. Nicht umsonst heißt es von ihr: »In Colombas Stimme und Haltung
war etwas Überwältigendes und Furchtbares.« Die schrofen Kanten des Ges-
chehens hat der Autor allerdings etwas abgemildert: Das Verfahren gegen Orso
della Rebbia wird eingestellt, sodass er sich nicht bis in alle Ewigkeit als Bandit in
der Wildnis verstecken muss, sondern eine junge Irin heiraten kann, die er auf
der Überfahrt kennengelernt hat.
Und auch Colomba wandelt sich von der Rachegötin ruck, zuck zum santen
Täubchen und verlässt nach vollzogener Vendeta mit Freuden ihre Heimat Kor-
sika, um mit ihrem Bruder und dessen Gatin in spe auf dem Festland ein zivilis-
iertes Leben zu führen.
Die Figur der Colomba hat ein reales Vorbild: eine Korsin namens Colomba Bar-
toli, geborene Carabelli, die im 19. Jahrhundert lebte. Sie soll ihren Clan so lange
gegen die verfeindete Familie Durazzo aufgehetzt haben, bis sie sich beinahe ge-
genseitig auslöschten. Bis in die Siebzigerjahre hinein standen ganze Busladun-
gen von Touristen schaudernd vor ihrem Geburtshaus in Fozzano, einem Dorf
oberhalb des Golfes von Valinco, zu so großer Berühmtheit hate es die streitbare
Dame mit dem unstillbaren Blutdurst gebracht.
Im Jahr 1739 wurde in Corte zwischen den verfeindeten Familien ein oizielles
Friedensabkommen geschlossen, doch vergeblich, das Morden ging munter weit-
er. Einige Jahrzehnte später hate der Krieg der Carabelli gegen die Durazzo das
ganze Dorf erfasst. An den ursprünglichen Anlass der Kämpfe erinnerte sich zu
diesem Zeitpunkt niemand mehr. 1834 wurde in der Kirche Sainte-Marie von
Sartène ein neuer Friedensvertrag geschlossen. Darin heißt es: »Die Bewohner,
eingeschlossen und verbarrikadiert in ihren Häusern, können nie ausgehen, ohne
Gefahr für ihr Leben zu riskieren (…). Noch einige Jahre, und man häte in
Fozzano nur noch Witwen und Waisen angetrofen.« Ob der »Frieden von
Fozzano« von der rachedurstigen Taube (»colomba« bedeutet Taube) akzeptiert
wurde, ist umstriten. Belegt ist, dass exakt 17 Tage nach dem Abkommen zwei
Särge an ihrem Fenster vorbeigetragen wurden, was sie veranlasste, entzückt aus-
zurufen: »Oh, welch gutes Frischleisch!« - so bezeichnete man damals die
Vendeta-Opfer der gegnerischen Seite. Als sie erfuhr, dass in einem der Särge ihr
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