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Die Bürger und die Landschaft
Ein Landschats-Codex zum Schutz der Natur ist inzwischen vom Parlament als
Gesetz verabschiedet worden. Doch sind es die Regierungen der Regionen und
der Städte, die mit immer neuen Ausnahmeregelungen diese Vorschriten umge-
hen. Viele Italiener haben das Vertrauen in ihre Politiker und deren Gesetzes-
vorhaben verloren, die alle paar Jahre umgeschrieben werden. In Florenz trafen
sich kürzlich Vertreter von über 100 toskanischen Bürgerinitiativen, um ihre
Arbeit in der Region zu koordinieren. Der Literaturwissenschatler und frühere
kommunistische Abgeordnete Alberto Asor Rosa setzte sich in einem Beitrag für
die Tageszeitung »la Repubblica« mit dem Wachsen der Bürgerinitiativen in der
Toskana, aber auch in Venetien, der Lombardei oder im Piemont und ihrer
Bedeutung als Kulturpolitik im Stil des Do-it-yourself auseinander. Das sei nicht
als Absage an das demokratisch-repräsentative System zu werten, sondern als
»Rückforderung der Vollmacht, die Politiker und Verwaltungsbeamte unkontrol-
liert und arrogant ausüben wollen.«
Immerhin haben bei den jüngsten Kommunalwahlen in der Toskana die bis-
lang schwachen Grünen den traditionell starken linken Parteien erhebliche Stim-
menverluste beigebracht. Doch, so Asor Rosa, gehe es nicht um Stimmen, son-
dern darum, »den kulturellen und ideellen Wert« der Initiativen zum Land-
schatsschutz nutzbar zu machen. Es gäbe, schlicht gesagt, »immer mehr
Menschen, für die Gemeinschatsgüter wie die Form einer Landschat, das kul-
turelle Erbe und identitätsstitende Traditionen nicht verhandelbar und nicht
verkaufbar sind.« Wenn die Zahl dieser Menschen weiter steige, dann werde aus
einer regionalen Angelegenheit eine nationale.
Um zum Schutz des natürlichen und kulturellen Reichtums beizutragen, hat
sich 1975 in Mailand der FAI, der »Fondo per l'Ambiente Italiano«, gegründet.
Der FAI wurde nach dem Modell des britischen »National Trust« gebildet. Er ist
eine Bürgerinitiative, in der sich Mäzene aus der Mailänder Oberschicht wie Gi-
ulia Maria Crespi, die ehemalige Besitzerin des »Corriere della Sera«, mit Herrn
und Frau Jedermann verbünden. Jeder kann gegen einen kleinen Jahresbeitrag
dem FAI beitreten, der heute 80000 Mitglieder zählt. Der FAI funktioniert nach
einem einfachen Prinzip: Er lässt sich zum Beispiel das Kloster von San Frutuoso
in Ligurien oder das Castello della Manta im Piemont schenken, sucht Sponsoren
für eine gründliche Restaurierung dieser Monumente und öfnet sie dann fürs
Publikum. Heute besitzt der FAI 45 Kultur- und Landschatsgüter, von denen 22
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