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Von der Schadensdimension her geringer, dafür vom Effekt her umso überra-
schender war der Triffid-Skandal. Eine GV-Sorte von Leinsaat, die in Kanada
praktisch nur eine Saison zugelassen war und nie eine relevante Rolle im
Anbau spielte, wurde annähernd zehn Jahre später überraschend in Leinsaat-
Exporten entdeckt (Schmidt und Breckling 2010 ) . Chargen, die nicht zugelassene
GV-Konstrukte enthielten, waren nicht verkehrsfähig.
Die Antizipation vergleichbarer Probleme ist ein wesentlicher Grund, weshalb
der von der Firma Monsanto zur Marktreife entwickelte gentechnisch veränderte
herbizidresistente Weizen bisher keine Zulassung erhalten hat (Newswire 2010 ) .
Zahlreiche Kanadische Landwirtschafts- und Verbraucherorganisationen fürchteten
um Exportmärkte und kündigten Widerstand an. In Kanada hat sich GV-Raps bereits
massiv außerhalb von Anbauflächen ausgebreitet (Knispel and McLachlan 2010 ) .
GV-freier Rapshonig ist in Kanada daher kaum noch verfügbar und Exporte nach
Europa sind massiv reduziert (Goertsches 2009 ) .
18.5 Pluralität und Unabhängigkeit des Diskurses
Wenn Funktionalität einer Technologie allein nicht die Brauchbarkeit bestimmt,
sondern ein weit gespannter, nur interdisziplinär zu bewältigender Diskurs zur
Antizipation von wissenschaftlich sicherbaren Potenzialen und sekundären Effek-
ten, Vor- und Nachteilen in verschiedenen anderen Sphären, erforderlich ist, dann
schließt sich meist die Notwendigkeit eines Interessenausgleichs an. Interessenver-
tretung ist selten eine gesamtheitlich ausgerichtete rationale Übung, sondern zielt
auf jeweiligen partiellen Eigennutz. Zur Gewährleistung eines möglichst großen
Anteils an Gesamt-Perspketive ist daher die Förderung und Ermöglichung einer un-
abhängigen Forschung von essentieller Bedeutung. Dies ist eine Voraussetzung für
eine rationale Entscheidungsautonomie auf politischer und regulatorischer Ebene.
Unabhängige Forschung, die nicht nur Potenziale ausleuchtet, sondern auch in der
Lage ist, unerwünschte Entwicklungen zu antizipieren, ist unverzichtbar, soll ein
Gemeinwesen nicht im „Selbstbedienungsladen“ des Partikulismus auf die „Res-
terampe“ gelangen. In dieser Hinsicht ist die Gentechnik kein besonderer Fall.
Aufgrund der großen Reichweiten des Selbstorganisations-, Selbstveränderungs-
und Selbstvermehrungpotenzials sind entsprechende Systemrationalitäten von ent-
scheidender langfristiger Bedeutung zur Bewältigung einer angemessenen Daseins-
vorsorge. Während die Molekularbiologie und die assoziierten Anwenderinteressen
mit umfänglicher wissenschaftlicher Förderung ausgestattet waren, gilt dies bis-
her für das Monitoring von Umweltwirkungen und die Folgenforschung nicht im
gleichen Umfang (Breckling et al. 2011a ) .
Hier ausgleichend und den Horizont weiter spannend (Abb. 18.2 ) mitzuwirken,
war das wesentliche Anliegen des GeneRisk-Verbundes.
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