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Produktions- und Reproduktions-Netzwerken. Entscheidungen entlang von Wert-
haltungen bringen es mit sich, dass Ergebnisse nicht in jedem Einzelfall notwendig
rational sein werden. Eine Wert-Orientierung liefert nur auf einer übergeordneten
Wahrscheinlichkeitsebene eine Möglichkeit der Schadensminimierung.
Die Bedeutung einer Werthaltung von Konsumenten, naturnahe Produkte gegen-
über chemisierter Landwirtschaft oder gentechnisch veränderten Produkten zu be-
vorzugen, wurde diskutiert und als Strategie der Risikovermeidung nachvollziehbar
gemacht ( Abschn. 14.2 ).
18.4 GVO und systemische Risiken
Systemische Risiken entstehen und wirken in Zusammenhängen, die durch viel-
fältige Kopplung intern stark vernetzt sind, in denen Wirkungen nicht durch
partielle Autonomie von Teilsystemen gedämpft, sondern auf der obersten, ge-
samtsystemaren Ebene sichtbar und wirksam werden (Renn und Keil 2008 ) .
Hochgradig vernetzte Systeme tendieren oft und charakteristisch zur Amplifika-
tion von Effekten (Breckling und Reuter 2004 , Breckling et al. 2011b ) . Sie verhalten
sich über große Skalen hinweg als Einheit. Das betrifft auch die zu kalkulieren-
de Größenordnung von potenziellen Risiken. Neben dem Finanzsektor, der einen
Prototyp von Systemintegration repräsentiert (schon wegen der Integrationsfunktion
des Geldes), sind in funktionaler Hinsicht der Agrar- und der Lebensmittelsektor ein
ebenfalls besonders hoch integrierter und intensiv regulierter Bereich. Systemische
Effekte sind hier beispielhaft beobachtbar.
Beispiel aus 2011: EHEC - Eine neue Variante des nahezu ubiquitären Bakte-
riums Escherichia coli , aufgetreten in einem landwirtschaftlichen Betrieb, der
Keimlinge vermarktet, zog Effekte von Spanien bis Russland nach sich. Obwohl
E. coli einer der am besten untersuchten und molekular charakterisierten Or-
ganismen ist, konnte die zunächst rätselhafte Variante nicht nur eine Epidemie
auslösen, sondern neben lebensgefährlichen Gesundheitsschäden auch temporär
sektorale Marktzusammenbrüche im Lebensmittelsektor mit Millionenschäden
nach sich ziehen.
Millionenschäden hat es auch im Zusammenhang mit GVO gegeben. In den Jah-
ren 2000/2001 verunreinigte ein nur als Futtermittel zugelassener Mais mit der
Bezeichnung Starlink in den USA zahlreiche Lebensmittel, die Mais enthiel-
ten (FoEE 2000 , Bratspies 2003 ) . Zu regulieren waren Schäden im Bereich von
mehreren hundert Millionen Dollar. Die verantwortliche Firma Aventis verkaufte
daraufhin ihre Crop Science Sparte an die Firma Bayer.
Bayer ging es mit dieser Erwerbung nicht viel besser. Das Auftreten von gentech-
nischen Verunreinigungen in konventionellem Reis mit nicht zugelassenen GV-
Varietäten führte einige Jahre später zu ähnlich hohen Schadenersatzforderungen
(Ad hoc news 2011 ) .
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