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kann, erstreckt sich die Risikoanalyse auf immanente Aspekte. Bei Anwendungen
in der Landwirtschaft werden die veränderten Organismen dagegen in großem
Maßstab in das ökologische Gefüge eingebracht. Dort unterliegen sie weit ge-
spannten Wechselwirkungen auf verschiedenen zeitlichen und räumlichen Skalen.
Sofern die dem Genpool der Art hinzugefügten Transgene sich in Wildpopula-
tionen verbreiten können, betreffen die Einwirkungen auch die in ihrer Richtung
und Wirkung nicht vorhersagbaren Evolutionsprozesse. Aufgrund der eventuellen
Nicht-Rückholbarkeit sind besondere Ansprüche an die Qualität der Risikoanalyse
zu stellen.
Landwirtschaftliche Anwendungen („Grüne Gentechnik“) beinhalten großflä-
chige Freisetzungen zur Erprobung von GVO. Mit der Genehmigung zum In-
verkehrbringen ist dann eine landwirtschaftliche Kultivierung möglich. Unter
Freilandbedingungen sind GVO den natürlichen ökosystemaren Bedingungen aus-
gesetzt. Daraus resultieren ökologische Risiken und damit verbunden ökonomische
und rechtliche Implikationen. Wegen potenzieller Ausbreitung und Selbstvermeh-
rung sind weitreichende, systemisch orientierte Risikoanalysen (Renn und Keil
2008 ) erforderlich. Im Rahmen einer systemischen Analyse können die folgenden
Feststellungen getroffen werden:
Gentechnische Anwendungen, die molekulare Methoden für funktionell-
biotechnische Fragestellungen nutzen, aber auf geschlossene Systeme abzielen,
sind vergleichsweise übersichtlich in der Risikoanalyse, da aufgrund des Con-
tainments ökologische Folgewirkungen hauptsächlich hinsichtlich des möglichen
Versagens des Einschlusses zu betrachten und ggf. auch gegen Missbrauch
zu sichern sind. Von praktischer Relevanz ist dieser Bereich insbesondere für
gentechnisch veränderte Mikroorganismen in Fermentern zur Produktion von
Arzneimitteln, Vitaminen, Aromen und Lebensmittelzusatzstoffen. Hier zielen
die Einschließungsmaßnahmen auf Rückholbarkeit ab und sind technisch er-
probt. Die Risikoanalyse betrifft außer den Prozess-Bedingungen wesentlich die
Produktsicherheit.
Eine Entwicklung von transgenen höheren Organismen für geschlossene Systeme
ist ebenfalls begonnen worden (z. B. in der Aquakultur: Wachstumshormon-
modifizierter Lachs in Bassins weitab von Gewässern). Hier ist die Zuver-
lässigkeit des Einschlusses und die Sicherung gegen mißbräuchliche Verbrin-
gung der Organismen ein entscheidender Punkt, da verhindert werden soll,
dass sich Transgene in natürlichen Populationen hoch mobiler Organismen
ausbreiten.
Gentechnik zur Anwendung in der Landwirtschaft verknüpft molekularbiolo-
gische Grundlagen mit potenziell sehr großräumigen Anwendungen im Frei-
land. Dabei wird der Skalenbereich von molekularer Dimension eines Ein-
zelfalls (der gentechnischen Veränderung im Labor, welche in der Regel
auf ein einzelnes erfolgreiches Transformationsereignis einer einzelnen Zelle
zurückzuführen ist) heraufskaliert zu einem Anbau auf mehreren Kontinen-
ten und mehreren Millionen Hektar. In der Praxis heute relevante Beispiele
sind:
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