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das ganze Land in seinen Grundfesten
erschütternden Streik-Sommer der So-
lidarność 1980 überreicht das Osloer
Komitee Miłosz, „der mit kompromiss-
loser Klarsicht der Stellung des Men-
schen in einer Welt von schweren
Konflikten Ausdruck verleiht“, den No-
belpreis für Literatur. Noch bis zur
Wende 1989 können seine Gedichte,
Romane und Erzählungen nur illegal
unter dem Ladentisch weitergereicht
werden, ebenso wie die Romane von
Andrzej Szczypiorski (1928-2000)
oder die Gedichte Wislawa Szymbors-
kas (*1923). Drugi brieg („zweiten Um-
lauf“) nannte man diesen heimlichen
Weg der Bücherverbreitung.
1996 nimmt die Lyrikerin Wisława
Szymborska als jüngstes Mitglied im
polnischen Dichter-Olymp den Litera-
tur-Nobelpreis entgegen. In den
1980er Jahren im Solidarność-Unter-
grund aktiv, ehrt sie das Nobelpreis-
Komitee „für ihr Werk, das ironisch-
präzise den historischen und biologi-
schen Zusammenhang in Fragmenten
menschlicher Wirklichkeit hervortre-
ten lässt.“
keit ein, und mit „Ur und andere Zei-
ten“ (1996) gelingt ihr auch in der in-
ternationalen Lesegemeinde der
Durchbruch. Andrzej Stasiuk (*1960)
ist Pazifist und Armee-Deserteur, was
ihm sechs Monate Gefängnisaufent-
halt einhandelt. Seine Knast-Erlebnisse
schildert er drastisch im Erzählband
„Die Mauern von Hebron“ (1992) und
wird damit zum Star der jungen polni-
schen Literaturszene. Pawel Huelle
(*1957) macht sich mit seinem Erst-
lingswerk „Weiser Dawidek“ (1987)
sofort einen Namen und wird in viele
Sprachen übersetzt. Es folgen 1991
„Schnecken, Pfützen, Regen und an-
dere Geschichten aus Danzig“, die
völlig jenseits von deutsch-polnischen
Heimatduseleien die Beziehung der
deutschen zur polnischen Geschichte
der alten Hansestadt in ihrer Konti-
nuität wieder herstellen. Stefan Chwin
(*1949) wird, wie Pawel Huelle, als
poetischer Chronist der deutsch-polni-
schen Geschichte Danzigs bekannt.
Sein Roman „Hanemann“ (1995), auf
Deutsch unter dem Titel „Tod in Dan-
zig“ erschienen, gilt als die schönste
Liebeserklärung eines in Danzig auf-
gewachsenen Polen an die ehemals
deutsche Hansestadt.
Polnische Gegenwartsliteratur
Heute wird kein Schriftsteller mehr
von der politischen Zensur bedroht
und muss eine Sprache zwischen den
Zeilen finden. Das bedeutet aber
auch, eine neue Sprache zu finden. So
hat sich die jüngste Autoren-Genera-
tion auf den Weg gemacht, z.B. Olga
Tokarczuk (*1962). Gleich ihr De-
bütroman „Reise der Buchmenschen“
(1993) bringt ihr große Aufmerksam-
Die Geschichte Danzigs wird
in zahllosen Romanen thematisiert
 
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