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Anhand vieler Beispiele wurde verdeutlicht, dass es die USame
rikanische Stadt nicht gibt. Die Städte an der Ostküste unter
scheiden sich aufgrund ihres Alters deutlich von den Städten an
der Westküste. Während Erstere ein klar deniertes Zentrum ha
ben, ist dieses für Letztere nicht mehr garantiert. Viele Städte im
Nordosten haben in den vergangenen Jahrzehnten groe Bevöl
kerungsverluste erlitten, die meisten Städte im Westen und Süden
aber groe Einwohnergewinne. Allen Unterschieden zum Trotz
sind Megatrends, die jeweils für eine gröere Zahl von Städten
gelten, zu erkennen:
1. Die Lage der Städte hat an Bedeutung verloren. Während
die Industriestädte des 19. Jahrhunderts nur an Wasserwe
gen erfolgreich sein konnten, benden sich heute einige der
gröten Städte des Landes in Wüstenregionen. Leistungsfä
hige Flughäfen, die gut in das nationale und internationale
Luverkehrsnetz eingebunden sind, sind heute wichtiger als
See oder Flusshäfen und sogar Bahnhöfe.
2. Dienstleistungen und Kreativität sind wichtiger als die Indus
trie für den Erfolg der Städte.
3. Viele Städte im altindustrialisierten Nordosten der USA
verlieren seit Jahrzehnten Bevölkerung, während die Städte
im Westen und Süden teils explosionsartig gewachsen sind.
Dennoch ist es zu einfach, schrumpfende und wachsende
Städte gegenüberzustellen, denn innerhalb dieser beiden
Gruppen gibt es groe Unterschiede hinsichtlich der eth
nischen Zusammensetzung der Bevölkerung sowie deren
Schulbildung und Einkommen. Das gilt auch für das kreative
Potenzial der Städte.
4. Der suburbane Raum wächst nach wie vor weit schneller als
die Kernstädte.
5. Der suburbane Raum ist nicht homogen, sondern sehr hete
rogen. Er gleicht sich in vielerlei Hinsicht in Form und Funk
tion an die Kernstädte an.
6. In den vergangenen 50 Jahren hat sich das Städtesystem der
USA grundlegend verändert. Siedlungen wie San Jose, die
noch Mitte des 20. Jahrhunderts fast unbekannt waren, gehö
ren heute zu den gröten Städten der USA, während Detroit
und St. Louis auf dem Weg in die völlige Bedeutungslosigkeit
sind. Gleichzeitig haben sich Umfang und Art der materiellen
und immateriellen Ströme zwischen den Städten grundle
gend verändert.
7. Die Globalisierung beeinusst alle Städte. Die USamerikani
schen Städte stehen weltweit im Wettbewerb um die hellsten
Köpfe und gröten Investoren. Die Städte bilden Knoten von
Verkehr und Kommunikation in einem weltumspannenden
Netzwerk, das ständigen Veränderungen unterworfen ist. Die
Zukun einer Stadt hängt von ihrer Rolle im globalen Netz
ab.
8. Die Verletzlichkeit der Städte hat sich durch den Klimawan
del vergröert. Auerdem stellen terroristische Angrie eine
latente Gefahr dar.
9. Neoliberalismus, Deregulierung und neue Formen des urban
government bestimmen die Entwicklung der Städte.
10. Integrität, Durchsetzungskra und Visionen der Bürgermeis
ter entscheiden über den Erfolg oder Misserfolg einer Stadt.
Die Städte werden heute wie groe Unternehmen, deren Ma
nager die Bürgermeister sind, geführt.
11. Es ndet eine Reurbanisierung statt, die mit einer Restruk
turierung verbunden ist.
12. Städte entwickeln sich nach den Gesetzen des freien Marktes
oder genauer des Immobilienmarktes.
13. Die Downtowns werden zu Schaufenstern von Stadt und
Region mit FlagshipStores, teuren Museen, Luxushotels,
Sportstadien und Gebäuden, die globale Aufmerksamkeit
erzeugen sollen, umgestaltet. Es ndet eine Festivalisierung
statt.
14. Die Städte sind austauschbar geworden. Viele Downtowns
vermitteln keine Identität mehr, und Shopping Center ähneln
sich sowieso im ganzen Land. Auch die auf dem Reibrett
entworfenen neighborhoods sehen alle mehr oder weniger
gleich aus.
15. Neue Urbaniten ziehen in die teuren Apartments und Los
der Innenstädte. Sie nutzen die Downtowns anders als ihre
Vorgänger.
16. Die abweisenden Megastrukturen der 1960er bis 1980er
Jahre sind durch kleinteiligere und oenere Gebäude abgelöst
worden.
17. Seit den 1990erJahren sind in vielen Downtowns mehr
Hochhäuser als in den vorausgegangenen Jahrzehnten gebaut
worden. Neu ist die groe Zahl von Wohnhochhäusern.
18. Aus Industriestädten werden Konsumentenstädte. Städte, de
nen dieser Umbau nicht gelingt, werden zu Verlierern, da sie
den Wettbewerb um die kreativen Köpfe und globales Kapital
verlieren.
19. Privates Kapital ist für den Stadtumbau unerlässlich. Die Um
setzung vieler Ideen erfolgt im Rahmen von public private
partnerships und business improvement districts.
20. Es hat eine Privatisierung des öentlichen Raums stattgefun
den, der von Kameras und privaten Sicherheitskräen kont
rolliert wird. Diese sorgen auch für Sauberkeit und entfernen
Unerwünschte.
21. Neue neighborhoods werden durch private developer angelegt.
Der Anteil an gated communities ist gro, allerdings beein
ussen die umgebenden Zäune oder Mauern das tägliche Le
ben weniger als die ausgefeilten Regelwerke der homeowner
associations, denen sich die Bewohner freiwillig unterwerfen.
22. Gentrication hat sich zu einem weitverbreiteten Phänomen
entwickelt, das in allen Städten zu beobachten ist. Der Auf
wertungsprozess verfallener neighborhoods wird öentlich
gefördert. Die langansässige Bevölkerung wird verdrängt,
ohne dass neuer Wohnraum geschaen wird.
23. Die USamerikanische Stadt ist eine fragmentierte Stadt. Un
terschiedliche Nutzungen liegen scheinbar wahllos nebenei
nander.
24. Die USamerikanische Stadt ist eine segregierte Stadt. Wohl
habende und arme Amerikaner leben räumlich voneinander
getrennt. Ob die ethnische Segregation rückläug ist, ist um
stritten, da die CensusDaten viel Spielraum für eine Inter
pretation lassen.
25. Die Senioren ziehen sich in retirement communities mit einem
groen Freizeitangebot zurück. Niedrige Steuern sind ein
wichtiger Grund für das Leben in den Seniorensiedlungen.
26. Mittellose und arme Amerikaner sind die Verlierer der neo
liberalen Politik. Die Besitzlosen werden marginalisiert und
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