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worden. Im Herbst 2009 hatten sich bereits 111 kleine Unter
nehmen in der TechTown angesiedelt. Die Bandbreite der neu
gegründeten Firmen ist auerordentlich gro und reicht von der
Elektro und Biotechnologie bis zu einem Unternehmen, das alte
Bilder aus Südamerika restauriert. Anders als sonst in Gründer
zentren üblich, sind die Mietverträge nicht zeitlich begrenzt. Die
Mieter werden sogar ermutigt, so lange wie möglich zu bleiben
(Gallagher 2010, S. 123).
Nach Jahrzehnten der Misswirtscha und politischer Skan
dale schöpe die Stadt 2009 Honung, als Dave Bing Bürger
meister wurde. Bing hat in seiner Jugend zu den besten Bas
ketballspielern der USA gehört und anschlieend ein anfangs
marodes Stahlwerk drei Jahrzehnte erfolgreich gemanagt. Bing
versuchte Detroit nach dem Vorbild eines privaten Unterneh
mens umbauen. Er legte fest, dass die Mitarbeiter des Rathauses
ordentlich gekleidet und bis acht Uhr morgens zum Dienst zu
erscheinen haben, um so ein sichtbares Zeichen für das Ende des
Schlendrians zu setzen. Eine von Bing eingesetzte Expertenrunde
fand Möglichkeiten, rund 500 Mio. USDollar des städtischen
Haushalts z. B. durch die Privatisierung des FlughafenManage
ments und eine Verkleinerung der Verwaltung einzusparen. Die
Schulen Detroits gehören zu den schlechtesten und gleichzeitig
teuersten der USA. Obwohl die Einwohnerzahl seit Jahrzehnten
rückläug ist, wurde die Zahl der Lehrer nicht verringert, wobei
allerdings geschätzte 500 ihrer Tätigkeit nicht nachgehen. Um
diese Unbekannten identizieren zu können, muss jeder Be
schäigte jetzt seine Löhne persönlich bei der Behörde abholen.
Auerdem bemüht sich Bing, 200.000 USDollar aus privaten
Fonds aufzutreiben, um in der Stadt wenigstens 70 charter schools
einrichten zu können (Malanga 2010, S. 7).
Bürgermeister Bing hat erkannt, dass Detroit nicht durch
teure Baumanahmen gerettet werden kann, sondern die Freiä
chen vernünig genutzt werden müssen. Bing möchte die noch
vorhandene Bevölkerung in ausgewählten Standorten konzent
rieren, um wieder lebendige Nachbarschaen zu schaen. Rund
ein Viertel der Fläche Detroits soll in Parks und in Wälder umge
wandelt werden (Glaeser 2011a, S. 66; Malanga 2010, S. 67). Die
Umsetzung dieses Plans ist schwierig. Zunächst muss entschie
den werden, welche Nachbarschaen dem Erdboden gleichge
macht und welche revitalisiert werden sollen. Auf jeden Fall sind
der Abriss von Häusern und die Einebnung ganzer Stadtviertel
teuer. Gleichzeitig sind an anderer Stelle neue Häuser zu bauen.
Da die Stadt kaum Steuereinnahmen hat, muss auf Bundesmit
tel zurückgegrien werden, was schwierig ist. Problematisch ist,
dass viele Bewohner in ihren Häusern wohnen bleiben möchten,
selbst wenn in ihrem Block nur noch ein oder zwei Häuser be
wohnt sind. Zwangsräumungen und Zwangsumsiedlungen sind
rechtlich schwierig oder sogar unmöglich (Associated Press
8.3.2010). Die Pläne, Detroit gesundzuschrumpfen, stoen auch
auf Kritik. Binelli (2011) spricht sich dafür aus, dass Detroit nicht
schrumpfen, sondern durch die Eingemeindung der angrenzen
den Kommunen wachsen solle. Würde Detroit diese suburbs ein
gemeinden, wären viele Probleme gelöst. Die Vorschläge sind
allerdings unrealistisch, da die reicheren Gemeinden kaum In
teresse an einer Verschmelzung mit der problembeladenen Stadt
haben düren. Für Zwangseingemeindungen fehlen im Bundes
staat Michigan die gesetzlichen Grundlagen.
1
2
= San Francisco
3
= Boston
4
D e t r o i t
5
N
5 km
125
121
66
Fläche
(km²)
360
617.594
805.285
1.585.873
Einwohner
713.777
. Abb. 5.24 Gemarkung Detroit im Vergleich zu anderen Städten (adaptiert
nach Gallagher 2010, S. 30)
neun Bürogebäuden in der Innenstadt investiert. Im Erdgeschoss
der von ihm erworbenen Gebäude sollen Geschäe eingerichtet
werden. Gilbert möchte eine lebendige Innenstadt, die die Funk
tionen Wohnen und Arbeiten vereint. Er wei, dass gut ausgebil
dete Menschen für einen Aufschwung unerlässlich sind. Honung
vermittelt auch die Umwandlung des 1928 an der Woodward
Avenue errichteten Broderick Tower in ein Apartmentgebäude
durch den Investor Motown Construction Partners. Das 1928 er
önete 35geschossige Gebäude stand seit Jahrzehnten leer. Ende
2012 sind die ersten Mieter in die 125 Apartments des renovier
ten Gebäudes eingezogen. Selbst das Penthouse lie sich für eine
Monatsmiete von 5000 USDollar mühelos vermieten. Weitere
frühere Bürogebäude werden derzeit in Detroit in Apartmenthäu
ser umgewandelt. Die Investoren werden mit grozügigen Steue
rerleichterungen belohnt (Forbes 18.9.2012; Gay 2001, S. 3739;
Hungton Post 5.4.2012; e Economist 22.10.2011a).
Während es in der Innenstadt einige Lichtblicke gibt, ent
wickelt sich die Wirtscha der Gesamtstadt mehr als schlep
pend. Von 1970 bis 2000 hat die Stadt ungefähr 165.000 von
230.000 Industriearbeitsplätzen verloren, aber nur 30.000 im
Dienstleistungsbereich hinzugewonnen. In den 1980erJahren
hat Detroit im Osten der Stadt den Bau der PoletownWerke von
Chrysler Motors subventioniert, wo aber nur wenige Tausend
Arbeitsplätze entstanden sind. Für den Bau des neuen Werkes
waren rund 1500 Wohnhäuser und 144 Gewerbebetriebe abge
rissen worden. In der einst weien Enklave hatten rund 3500
meist ältere Menschen gelebt (Malanga 2010, S. 4; Sugrue 2004,
S. 230234). Positiver ist eine Initiative der Wayne State Uni
versity mit Sitz am Rand der Innenstadt zu bewerten. General
Motors hat der Universität 2003 ein leer stehendes Gebäude für
ein Gründerzentrum zur Verfügung gestellt, um hier jungen Un
ternehmen Räumlichkeiten zu bieten. Die Einrichtung ist gut
angenommen und durch private Spender grozügig unterstützt
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