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ihre Texte mit Links versetzen. Multimediales und soziales Schreiben ist im
Online-Journalismus also schon heute Realität.
Was die Leser von einer digitalen Zeitung erwarten, wurde kürzlich von
Spiegel Online im Rahmen einer »Zeitungsdebatte« erhoben. 266 Die Ideen
von mehr als tausend Lesern wurden zu einer iktiven Zeitung namens »Der
Abend« verdichtet. Diese Zeitung erscheint, wie zu erwarten, nicht morgens,
sondern erst am Abend mit Berichten und Serviceleistungen zum gleichen
Tag - was tagsüber passiert ist, wird dargestellt, was abends noch kommen
könnte, empfohlen. Die Zeitung ist von vornherein für Smartphones und
Tablet-Computer entwickelt und nicht etwa durch Übertragung des Print-
produkts entstanden.
Ein durchgängiges Merkmal von »Der Abend«, wie es sich die potentiellen
Leser wünschen, ist die Personalisierung: Der Leser wird persönlich begrüßt
beim »Aufschlagen« der Zeitung, die Zeitung merkt sich seine Vorlieben, ob
Inhalte oder Veranstaltungen, und zeigt ihm auch an, was Freunde und
Bekannte gelesen haben und interessant fanden. In das Zeitungsangebot
sind verschiedene Serviceleistungen integriert, etwa Stauwarnungen für den
Weg nach Hause, Hinweise auf Sonderangebote und vermeidbare Kosten
oder eine Kreditkartenfunktion für Veranstaltungen. Die Zeitung ist zudem
regionalisiert: Die Berichterstattung für den heimatlichen Stadtteil ist be-
sonders ausführlich, und Veranstaltungshinweise sind auf den Aufenthaltsort
des Lesers abgestimmt. Das dritte Merkmal, mit dem sich »Der Abend« von
bisherigen Tageszeitungen unterscheidet, ist die Interaktivität. Die Beteili-
gung des Lesers ist fest in das Angebot »eingebaut« - Leser können nicht
nur kommentieren, sondern sich aktiv beteiligen. Die Zeitung »chattet, blog-
gt und postet«, wie es in ihrer Beschreibung heißt, und das auch multimedi-
al in Bild, Film und Ton.
Die Zeitungsjournalisten sollen auf die Leserbeteiligung reagieren, die
Kommunikation in und mit der Zeitung soll keine Einbahnstraße sein. Bei
alldem geht es aber weiterhin darum, dass die Zeitung ein Medium ist, das
»informiert und unterhält«, ein »Schaufenster in die Welt« ist, ein »Mein-
ungsblatt«. Eine Zeitung, die nicht nur von Menschen gemacht ist, sondern
bezüglich der automatischen Personalisierung und Regionalisierung auch
vom Computer, die nicht nur aus Schrift besteht und die nicht nur mich
selbst adressiert - eine hybride, multimediale und soziale Tageszeitung. Das
ist wohl der Weg, mit der die Zeitungskrise am Ende der Gutenberg-Ära
überwunden werden kann.
 
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