Information Technology Reference
In-Depth Information
gedruckten Informationsangeboten gewohnt ist, und arbeitet sich nach un-
ten rechts vor.
Diese Lesestrategie führt dabei allerdings nicht zum Erfolg. Ein Informa-
tionsportal konzentriert den relevanten Inhalt nämlich in der Mitte der
Seite, den linken, rechten und oberen Rand füllen ergänzende Information-
en, Navigation oder Werbung aus. Die Beiträge im zentralen Bereich be-
stehen allerdings auch nur aus Anreißern mit einem Textabsatz und oftmals
einem Bild, nicht aus vollständigen Artikeln wie in einer Zeitung. Ohne Ken-
ntnis des weiteren Aufbaus des Portals, ohne Erfahrung mit dem Konzept
des Links kann man den Sinn dieser Darstellung kaum erkennen. Wie das
Verhältnis der Informationselemente auf einer solchen Seite zueinander zu
deuten ist, hat uns niemand beigebracht, es war nie Gegenstand des Leseun-
terrichts in der Schule. Trotzdem folgt es Regeln, und jeder, der mit solchen
Web-Seiten umgeht, hat diese Regeln aus der eigenen Erfahrung abgeleitet.
Eigentlich will eine Nachrichtenseite im Web überhaupt nicht gelesen wer-
den. Vielmehr lädt sie zum Betrachten ein, zum Flanieren über einen Inform-
ationsboulevard. 180 Wie aber gehen Menschen tatsächlich mit einer solchen
Bedeutungsläche um, wie betrachten sie sie? Dieser Frage ist der »Guru«
der Web-Seiten-Gestaltung, der amerikanische Mediendesigner Jakob
Nielsen 2006 nachgegangen. 181 In einer Eyetracking-Studie zeichnete er die
Blickbewegungen von Versuchspersonen auf, die unterschiedliche Web-
Weiten betrachten: die Ergebnisliste einer Websuche, eine Nachrichtenseite
und einen Artikel einer Online-Zeitschrift. Ihn interessierte dabei nicht, in
welcher Reihenfolge die Versuchspersonen die Elemente der Seite betracht-
en oder wie lange sie darauf verweilen, vielmehr wertete er die Blicke der
Versuchspersonen in ihrer Gesamtheit aus. Er ermittelte statistisch, wo am
häuigsten hingeblickt wurde, wohin weniger oft und wohin gar nicht. Dies
kann man tabellarisch in Zahlen ausdrücken, auch nach dem Typ der In-
formationseinheiten auf der Seite getrennt, doch dabei wird man nicht viel
bemerken.
Eine andere Darstellungsweise führt jedoch zu einem bemerkenswerten
Resultat: Es handelt sich um die sogenannte Heat Map , eine Übersetzung
der Blickhäuigkeiten in eine Darstellung von »Temperaturen«. Je häuiger
eine bestimmte Bildschirmstelle von den Versuchspersonen betrachtet wird,
desto »heißer«, weißlich-gelb glühender erscheint sie, wenig betrachtete
Areale dagegen sind dunkelblau bis grau. 182 Bei der Seite mit den Such-
ergebnissen ist erwartungsgemäß das erste Suchergebnis »heiß« und auch
noch das zweite und das dritte. Aber auch die Liste insgesamt wird von den
Versuchspersonen betrachtet, aber nur auf ihrer linken Seite. Weiter unten
 
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