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Abb. 1.9 Aufbau einer
Röhrentriode
in einem Brummen. Bei Pentoden ist dieser Effekt gering,
bei Trioden aufgrund der starken Abhängigkeit des Anoden-
stroms von der Anodenspannung jedoch ausgeprägt.
Der Effekt des Brummens wird verringert, wenn die
Katode als metallisches Röhrchen, von innen ohne direkte
Berührung mit der Glühwendel beheizt, ausgeführt wird
( Abb. 1.8 ) . Das Röhrchen ist vom Heizstrom entkoppelt und
damit entfällt die geringe Spannungsschwankung zwischen
der Katode und der Anode. Diese Art der Heizung nennt man
indirekte Heizung.
1.2.3
Röhrenrechner
Der erste Röhrenrechner der Welt war der Atanasoff-Berry-
Computer (ABC), der im Winter 1939/40 zum ersten Mal
lauffähig war und 1941/42 seinen vollen Betrieb aufnahm
(s. Bd. 2, Abschn. 5.7). Allerdings handelte es sich hierbei
nicht um eine universelle Rechenmaschine, sondern eine An-
lage zum Lösen von Differenzialgleichungen.
Die nächsten Computer, die mit Röhren arbeiteten, waren
die englischen Colossus-Rechner . Sie wurden während des
Zweiten Weltkriegs speziell zur Dechiffrierung von gehei-
men Nachrichten des deutschen Militärs gebaut (s. Bd. 2,
Abschn. 1.5). Mit ihrer Hilfe wurde ab 1943 in Bletchley
Park die Entzifferung der deutschen Lorenz-Schlüssel-
maschine möglich. Colossus bestand zunächst (1943) aus
1500 Röhren, später aus 2500. Erstaunliche 5000 Zeichen
(à 5 Bit) pro Sekunde konnten von der Maschine verarbei-
tet werden, bei einer Leistungsaufnahme von 4500 W. Der
Speicher bestand aus 5 Zeichen von je 5 Bit in Schiebere-
gistern. Die Zeichen wurden fotoelektrisch von einem Loch-
streifen gelesen, die Lochreihe in der Streifenmitte erzeugte
den Takt, bei 5000 Zeichen/sek also 200 µs. Innerhalb eines
Taktes konnten etwa 100 boolsche Operationen auf jeder der
fünf Lochreihen und anschließend auf einer Zeichenmatrix
parallel durchgeführt werden. Die Treffer wurden dann ge-
zählt. Zwischen 1943 und 1946 wurden insgesamt zehn Ge-
räte gebaut. Colossus erlaubte die Entzifferung einer Nach-
richt innerhalb weniger Stunden. Der Colossus gilt zwar als
der erste speicherprogrammierbare Computer, jedoch war
er fest an eine bestimmte Aufgabe angepasst und nicht im
heutigen Sinn frei programmierbar. Das Gerät wurde unter
strengen Geheimhaltungsrichtlinien gebaut, sodass keinerlei
Aufzeichnungen oder Handbücher darüber existieren. Alle
britischen Colossus-Rechner wurden 1946 aus Geheimhal-
tungsgründen demontiert und vernichtet, jedoch überlebte
eine US-Variante ( Abb. 1.10 ) .
Erst 1970 wurde die Existenz von Colossus öffentlich be-
kannt. Ab 1990 baute Tony Sale ( Abb. 1.11 ) , Ingenieur und
ehemaliger Mitarbeiter des Nachrichtendienstes MI5, den Co-
lossus für das Computermuseum in Bletchley Park nach. Am
6. Juni 1996 hatte er seinen ersten erfolgreichen Lauf. Zur
ofiziellen Einweihung des Gerätes am 16. November 2007
sandten deutsche Funkamateure einen mit einer originalen
Lorenz-Maschine verschlüsselten Text. Colossus“ „knackte
die Nachricht in drei Stunden und 35 Minuten. Die Nachricht
enthielt eine Einladung zu einer Ausstellung mit historischen
Computern im Heinz Nixdorf Museums-Forum, Paderborn.
Die Entzifferung verzögerte sich um rund 45 Minuten, da
eine der 2400 Röhren des Rechners geplatzt war. Im parallel
zur Übertragung veranstalteten Wettbewerb gelang es einem
Funkamateur das Signal mit der Antenne seines Klubs auf-
zufangen, akustisch zu bearbeiten und es mit einem Laptop
unter FreeBSD schließlich in 46 Sekunden zu entziffern. Der
Nachbau des Colossus ist im Museum von Bletchley Park
zu sehen.
Abb. 1.10 Colossus Mark II
Abb. 1.11 Tony Sale 2006
bei einer Entzifferung mit der
fertiggestellten Maschine
In Deutschland befasste sich vor allem Helmut Schreyer
mit der Entwicklung von Röhrenschaltungen für Computer.
Helmut Schreyer war ein Sohn des Pfarrers Paul Schreyer und
 
 
 
 
 
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