Information Technology Reference
In-Depth Information
Um Erfahrungen zu sammeln, welche Schnittstellen für ein
universelles Betriebssystem benötigt wurden, schuf Thomp-
son zusammen mit Dennis Ritchie ein Computerspiel mit dem
Namen „Space Travel“. Thompson und Ritchie implemen-
tierten zwischen 1972 und 1974 dann das neue Betriebssys-
tem in der Sprache C, an deren Entwicklung sie maßgeblich
beteiligt gewesen waren, vollständig neu. Sie verteilten es
anschließend gemeinsam mit einem C-Compiler kostenfrei
an verschiedene Universitäten. In den 1980er-Jahren wurde
UNIX zum dominierenden Betriebssystem an den Universi-
täten. Dieses System war der Ausgangspunkt für eine Reihe
von Weiterentwicklungen, die zu einer großen Familie mit
einer Reihe von unterschiedlichen Linien führte.
Anfang der 1980er-Jahre beschloss AT&T, Unix zu ver-
markten. Daher war der AT&T-Quellcode ab diesem Zeit-
punkt nicht mehr öffentlich zugänglich. Obwohl AT&T
relativ hohe Lizenzgebühren verlangte, lizenzierten viele
Firmen den UNIX-Quellcode und brachten ihre eigenen
Varianten auf den Markt. Um die dadurch bedingten In-
kompatibilitäten einzudämmen, begann ab 1985 die IEEE
zunächst die Schnittstellen für Anwendungsprogramme
zu standardisieren. Daraus entwickelte sich der IEEE
1003-Standard, der auf Anregung von Richard Stallman
„POSIX“ genannt wird.
Da UNIX inzwischen eine eingetragene Marke ist, dürfen
nur zertiizierte Systeme den Namen UNIX führen. Dem-
entsprechend benutzt man oft UNIX (in Großbuchstaben)
zur Kennzeichnung zertiizierter Systeme, während Unix
(in Kleinbuchstaben) als Bezeichnung für verwendet wird.
Unix-artige Systeme können noch einmal in UNIX-Derivate
und unixoide Systeme eingeteilt werden. Zu den UNIX-
Derivaten zählt man üblicherweise z. B. die BSD-Systeme,
HP-UX (Hewlett-Packard), DG/UX (Data General), AIX
(IBM), IRIX (Silicon Graphics), Solaris (Oracle) und Mac OS
X (Apple). Sie basieren auf dem ursprünglichen Quelltext,
besitzen aber zum Teil produktspeziische Erweiterungen.
Andere Systeme wie LINUX oder QNX sind im historischen
Sinne keine UNIX-Derivate, da sie nicht auf dem ursprüng-
lichen UNIX-Quelltext basieren, sondern separat entwickelt
wurden. Sie sind jedoch unixoide Systeme, weil sie die für
UNIX typischen Betriebssystemfunktionen (POSIX) im-
plementieren. Einen Sonderfall stellt BSD dar, das zwar ur-
sprünglich auf den originalen Quelltexten beruhte, seit Mitte
der 1990er-Jahre jedoch von einer losen Gemeinschaft von
Programmierern vollständig umgeschrieben wurde, sodass es
mittlerweile frei von dem ursprünglichen, urheberrechtlich
geschützten Programmcode ist.
wickelt wurde und frei verfügbar war. Der Begriff „frei“
besagte, dass der Quelltext der Distribution von Berkeley
unter einer BSD-Lizenz freigegeben wurde, bei der es sich,
in der heute modiizierten Form, um eine freie Lizenz han-
delte, welche auch für andere Programmpakete verwendet
werden konnte. Im Gegensatz zur GNU General Public Li-
cense erlaubt es die BSD-Lizenz, unter Beachtung einiger
Regeln, den Quelltext zur Entwicklung eigener, proprietärer
Programme zu verwenden. Diese Programme können dann
auch unter eine beliebige andere (restriktivere) Lizenz gestellt
werden, wie es z. B. Apple bei der Entwicklung von Mac
OS X getan hat.
Ausgangspunkt und Kern der BSD war ein UNIX-Be-
triebssystem, welches um diverse Applikationen erweitert
wurde. Im Jahre 1974 erhielt die Universität Berkeley das
in C komplett neu implementierte UNIX-System von AT&T
(4er-Edition), welches zu diesem Zeitpunkt für Universitäten
noch frei verfügbar war. Zu dem System gehörten auch ein
C-Compiler und ein C-Entwicklungssystem. Implementiert
wurde das System zunächst auf einer PDP-11-Maschine. In
Berkeley begann man sofort mit der Erstellung von Modii-
kationen und Erweiterungen des Systems. Gefördert wurden
diese Aktivitäten, als 1976 Ken Thompson eine Gastprofessur
in Berkeley antrat. Inzwischen waren auch die 5er- und 6er-
Edition vorhanden.
Den entscheidenden Schritt tat der der damalige Student
Bill Joy , als er 1977 erstmals die bis dahin erfolgten Modii-
kationen und Erweiterungen zusammenstellte und sie exter-
nen Interessenten auf einem Magnetband verfügbar machte.
So entstand die erste Berkeley-Software-Distribution. Bereits
im Jahre 1978 waren so viele neue Teile hinzugekommen,
dass die zweite Berkeley Software Distribution (2BSD) zu-
sammengestellt wurde. Diese enthielt bereits die von Bill Joy
entwickelte erste Version des bekannten Editors vi und die
C-Shell .
William Nelson Joy wurde am 8. November 1954 in De-
troit, Michigan, geboren. Er studierte Elektrotechnik an der
University of Michigan und Elektrotechnik und Informatik
an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Nachdem er
zunächst maßgeblich an der Entstehung der BSD mitgewirkt
hatte, beschäftigte er sich mit der Weiterentwicklung von
TCP/IP. Seine Impulse waren so bedeutend, dass er bisweilen
als „Edison of the Internet“ bezeichnet wird.
Nachdem Bill Joy ( Abb. 2.39 ) 1982 zusammen mit Vi-
nod Khosla, Scott McNealy und Andy Bechtolsheim Sun
Microsystems gegründet hatte, war er dort federführend bei
der Entwicklung von Technologien wie SPARC, Solaris (Su-
nOS) und Java. Am 9. September 2003 verließ er Sun. Im
April 2000 erregte Joy Aufsehen mit seinem umstrittenen
Artikel Why the future doesn't need us . Darin heißt es unter
anderem: Die wichtigsten Technologien des 21. Jahrhunderts
- Roboter, Gentechnik und Nanotechnologie - drohen den
Menschen zu einer vom Aussterben bedrohten Art zu machen .
BSD-UNIX
Ab Mitte der 1970er-Jahre entstand an der Universität von
Kalifornien in Berkeley die sog. Berkeley Software Distri-
bution (BSD). Mit dem Begriff „Distribution“ wurde eine
Sammlung von Programmen bezeichnet, welche dort ent-
 
 
Search WWH ::




Custom Search