Information Technology Reference
In-Depth Information
Da IBM sich stark auf den Mainframe-Bereich konzent-
riert hatte, hatte es die aufkommende Bedeutung des Home-
und Personalcomputermarktes zunächst unterschätzt. Als sich
IBM dann entschloss, mit Verspätung in diesen Bereich ein-
zusteigen, benötigte es möglichst rasch ein Betriebssystem.
IBM war zunächst an CP/M interessiert, da dieses zum da-
maligen Zeitpunkt am weitesten verbreitet war. Die Vertreter
von IBM wandten sich zunächst an Bill Gates, da sie, wohl
in Unkenntnis des Marktes, glaubten, dass er der Lizenzhalter
für CP/M sei. Dieser verwies sie an Gary Kildall, der Chef
und Gründer von Digital Research. Nachdem die Vertragsver-
handlungen zwischen IBM und Digital Research sehr schnell
scheiterten, wanden sich IBM wieder an Bill Gates. Diesen
neuerlichen Kontakt soll von Bill Gates Mutter Mary herge-
stellt worden sein. Sie hatte über die Wohltätigkeitsorganisa-
tion „United Way“, in welchem sie im Vorstand war, Kontakte
zu John Opel, dem Präsidenten von IBM. Über diese Verbin-
dung bereitete sie für ihren Sohn den Weg zu „Big Blue“.
Die Verhandlungen führten zu einem Vertrag über
186.000 $ zur Lieferung eines Betriebssystems für die neuen
IBM-PC-Rechner. Das Problem war nur, dass Microsoft über
kein derartiges Produkt verfügte. Daher kaufte Microsoft
zwei Tage später für 50.000 $ von dem Unternehmen Seattle
Computer Products das Betriebssystem QDOS. Da dieses in
seiner damaligen Form den Vertragsbedingungen noch nicht
genügte, kaufte man gleich den Entwickler von QDOS, Tim
Paterson, mit ein. Paterson, Gates und Allen führten unter
dem Codename „Project Chess“ allerhand Modiikationen an
der Software durch, die dann unter der Bezeichnung MS-DOS
an IBM ausgeliefert wurde. Die Änderungen im Betriebssys-
tem sahen vor, dass CP/M-Programme unter MS-DOS aus-
führbar waren, aber umgekehrt MS-DOS-Programme nicht
unter CP/M liefen. Erst nach der Markteinführung entdeckte
man bei IBM, dass man de facto eine CP/M-Variante erwor-
ben hatte und zahlte 800.000 $ an Digital Research für einen
Verzicht auf rechtliche Schritte gegen IBM.
Als der IBM-PC mit dem neuen Betriebssystem, welches
von IBM unter den Namen PC DOS und IBM DOS vertrieben
wurde, im Herbst 1981 für ca. 3000 $ auf den Markt kam,
wurde er ein großer Erfolg. Dies lag allerdings nicht am Be-
triebssystem, welches ofiziell als IBM Personal Computer
Disk Operation System 1.0 bezeichnet wurde. Dessen Qualität
lag deutlich hinter dem damaligen Stand der Technik. So ern-
tete es z. B. in Intel-internen Dossiers ein vernichtendes Ur-
teil. Der Erfolg lag in der, für IBM eigentlich unüblichen, Li-
zenzpolitik, die auch Fremdherstellern die Produktion des PC
gestattete. Ferner spielte das Bedürfnis der Kunden nach der
Etablierung eines Standards, den man am ehesten bei IBM,
dem damaligen Marktführer bei Großrechnern, erwartete,
eine Rolle. Ein dritter Grund war die parzielle Quellcode-
Kompatibilität zu CP/M, die es ermöglichte, existierende
Software mit geringem Aufwand auch unter MS-DOS zur
Verfügung zu stellen.
Durch den Erfolg wuchs das Unternehmen Microsoft ra-
sant und verfügte über immer mehr liquide Mittel. Trotzdem
wurden zum Beispiel Weihnachtsgratiikationen an Mitarbei-
ter in Form von Aktienanteilen und nicht in Bargeld ausgege-
ben. Viele dieser Mitarbeiter waren, aufgrund dieser Anteile
im Wert von ein paar hundert Dollar, innerhalb von wenigen
Jahren Millionäre.
DR-DOS Nachdem Digital Research feststellte, dass es seine
auf CP/M basierende Vormachtstellung auf dem Markt für
PC-Betriebssysteme zunehmend einbüßte, entwickelte man
CP/M in Richtung auf eine DOS-Kompatibilität weiter. Diese
Weiterentwicklung wurde unter dem Namen DR-DOS ver-
marktet. Der Ursprung aus CP/M lässt sich auf Quelltextebene
anhand einiger Routinen zurückverfolgen, die nachweislich
bereits 1976 vorhanden waren.
Zunächst begann man im Jahre 1983 mit der Entwicklung
eines DOS-Emulators, genannt PCMODE. Es entstand ein
Betriebssystem mit Namen DR Concurrent DOS 3.2 bzw. DR
Concurrent PC DOS (IBM-PC kompatible Rechner). Dieses
Digital Research-Betriebssystem konnte gleichzeitig CP/M-
86- als auch MS-DOS/PC-DOS-1.1-Anwendungen ausfüh-
ren. Daneben vertrieb man eine Single-User-Variante. Da die
DOS-Kompatibilität durch die Emulation auf der Basis eines
CP/M-Kerns eingeschränkt war, fanden diese Systeme jedoch
keine große Verbreitung.
Kommerziell erfolgreicher war das im Jahre 1988 erschie-
nen DR DOS 3.31. Hier kam Digital Research zugute, dass
es zu diesem Zeitpunkt Unstimmigkeiten zwischen IBM
und Microsoft gab, die die Weiterentwicklung von MS-DOS
bzw. IBM DOS verzögerte. Bei dieser neuen Single-User-
Betriebssystemlinie von Digital Research handelte es sich um
eine Variante von Concurrent DOS 6.0, welches eine nahezu
100%ige Kompatibilität zu DOS-Anwendungen bot. Dieses
DR DOS konnte sich über etliche Versionen hinweg als leis-
tungsstarke Alternative zu MS-DOS und PC DOS behaupten.
Nach dem Verkauf von Digital Research an Novell im Jahr
1993 wurde das System 1994 als Novell DOS 7 vertrieben.
Nach über 15 Updates wurde das System 1996 an Caldera
verkauft, welche es 1997 als Caldera Open DOS 7.01 ver-
marktete. Der Quelltext der Kernkomponenten wurde nun
ebenso veröffentlicht (nur für nicht-kommerzielle Zwecke
nutzbar) wie historische Quelltexte von CP/M, GEM und
ViewMAX. Caldera UK entwickelte das System unter dem
Namen DR-DOS (nun erstmalig mit Bindestrich geschrieben)
weiter. Mit der Schließung der englischen Entwicklungszent-
rale in Andover Anfang 1999 und der Ausgliederung an Cal-
dera Thin Clients, USA, einer Tochter der Caldera-Mutter,
wurde die Weiterentwicklung von DR-DOS ofiziell einge-
stellt.
Weitere DOS-Systeme Neben den beiden führenden DOS-
Vertretern für Personal Computer, MS-DOS und DR-DOS,
 
 
Search WWH ::




Custom Search