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Diese Vielfalt von Bindungsarten ist eine Ursache für die Persistenz (Beständigkeit) von Lignin,
da Mikroorgansimen bzw. deren Enzyme in der Lage sein müssen, diese zahlreichen verschie-
denen Bindungstypen zu spalten. Die Bandbreite funktioneller Gruppen bzw. vor allem das
Vorkommen zahlreicher phenolischer Hydroxylgruppen erklärt den Ansatz, petrochemische
Phenolharze (siehe Kap. 6.2.2) und chemisch ähnliche Verbindungen mit Lignin oder Lignin-
Derivaten zu ersetzen oder zu vermischen. Damit können biogene oder partiell biogene Bin-
demittel erhalten werden (siehe Anwendungen ).
Die Molmasse von Lignin in seinem natürlichen Zustand ist nicht bekannt. Bei jeglicher Auf-
bereitung des Lignins wird sein Zustand verändert und die erhaltene Molmasse hängt vom
Aufbereitungsprozess ab [61]. Für Fichtenlignin wurde mittels Ultrazentrifugation eine Mol-
masse von 11.000 g/mol ermittelt und für Lignine, die mittels Kraft-(Sulfat), Soda- und Sulfit-
verfahren gewonnen wurden, Molmassen zwischen 2.000 und 50.000 g/mol [61], [62]. Eine
Übersicht wichtiger Eigenschaften der Lignine aus verschiedenen Aufarbeitungsprozessen
zeigt Tabelle 84.
Tabelle 84 Eigenschaften technischer Lignine aus verschiedenen Aufarbeitungsprozessen [62]. LM = Lö-
sungsmittel
Sulfat-
verfahren
Sulfit-
verfahren
Soda-
verfahren
Alkohol-
Wasser-
Verfahren
Menge (Anteil Gesamt-
zellstoffproduktion)
85 %
6 %
9 %
0
Lignintyp
Schwefelfreies
Lignin
Kraftlignin
Lignosulfonat
Soda Lignin
Nutzungsgrad
Ist
ca. 25 %
ca. 25 %
gering
60-90 %
Potential
bis 10 %
bis 90 %
bis 90 %
Molekulargewicht / g/mol
2.000-3.000
20.000-50.000
5.000-6.000
2.000-5.000
Polydispersität
2-3
6-8
9-10
2,4-6,3
Schwefelgehalt
1-2,5 %
1,25-2,5 %
0
0
1-6 %
bis 25 %
2-4 %
< 0,1 %
Aschegehalt
Alkali, org.
LM
Wasser, unlös-
lich in org. LM
Alkali, 92 %
in 0,5N NaOH
Alkali,
org. LM
Löslichkeit
Funktionelle Gruppen
viele phenol.
OH
wenig phenol.
OH
wenig phenol.
OH
viele phenol.
OH
Farbe
dunkelbraun
hellbraun
braun
hellbraun
Bei den meisten biogenen Werkstoffen bzw. Biokunststoffen handelt es sich um Polymere, die
vergleichsweise viele polare Strukturinkremente wie Hydroxy-Gruppen besitzen. Dies trifft vor
allem auf die Proteine Kollagen, Wolle und Seide zu sowie auf die Polysaccharide Baumwolle
und Stärke und zeigt sich in deren werkstofflichen Verhalten (siehe dazu besonders Kap. 3.6
Wolle, Struktur / Eigenschaften ). Holz setzt sich im Wesentlichen aus Cellulose sowie Hemi-
cellulose und Lignin zusammen; alle drei Polymere verfügen über zahlreiche polare Gruppen
und sind demnach zur Bindung von Wasser über Wasserstoffbrückenbindungen befähigt. Die
Glasübergangstemperatur (T g ) [65] von Lignin und damit auch von Holz ist wie bei anderen
 
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