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Ökologische Aspekte
Die Herstellung von Celluloseestern wie Celluloseacetat basiert auf Zellstoff, d. h. die ökologi-
schen Überlegungen bzw. Problematiken, die bei der Zellstoffherstellung eine Rolle spielen,
sind auch hier von Bedeutung. Weiterhin wird durch die Derivatisierung ggf. der biogene An-
teil der Werkstoffe gesenkt, wenn z. B. die Herstellung von Celluloseacetat mit Essigsäurean-
hydrid auf petrochemischer Basis geschieht. Die biologische Abbaubarkeit ist bei hohen
Veresterungsgraden reduziert.
Bei der Herstellung selbst wird ein zwei- bis sechsfacher Überschuss an Essigsäure sowie Me-
thylenchlorid (Dichlorethan) als Lösungsmittel benötigt. Beide Stoffe können durch destillative
Verfahren in der für den erneuten Einsatz benötigten Reinheit wiedergewonnen werden.
Tabelle 45 Werkstoffprofil Celluloseacetat.
Stärken:
Schwächen:
lange bekannter Biokunststoff
vergleichsweise teuer
zahlreiche vorteilhafte Eigenschaften: Transparent,
fest, schlagzäh, lichtecht, kratzfest, bedruckbar,
einfärbbar, glänzend, Optik, Haptik
Mischungen z. T. mit vergleichsweise niedrigem
Brennwert (im Hinblick auf energetische Verwer-
tung)
in vielen Verfahren verarbeitbar
für viele Gebrauchsgüter geeignet
4.1.5 Anorganische Celluloseester: Cellulosenitrat und Celluloid
Herstellung / Vorkommen
Celluloid wurde 1869 von J. W. Hyatt als Ersatz für Elfenbein entwickelt, das z. B. zur Her-
stellung von Billardkugeln verwendet wurde. Alexander Parkes hatte mit Parkesin schon auf
der Weltausstellung 1862 einen Vorläufer des Celluloids präsentiert, einen Werkstoff, an dem
er wohl ab 1855 gearbeitet hatte. Die Verwendung billiger Rohstoffe führte jedoch zu Proble-
men mit der Haltbarkeit der Formteile, so dass die Markteinführung des Materials letztlich
scheiterte und Parkes 1890 als Vater von 20 Kindern verarmt in London starb [73]. Celluloid
kann als der erste marktfähige bzw. im Markt etablierte Thermoplast und damit auch als der
erste Kunststoff überhaupt bezeichnet werden, so dass 1869 als Anfangsjahr des „Kunststoff-
zeitalters“ [74] angesehen werden kann. Bemerkenswerterweise begann das Kunststoffzeitalter
also mit einem weitgehend biogenen Kunststoff. Am 20. Juni 1907 schlug dann mit der Ent-
wicklung von Bakelite durch L. H. Baekeland die Geburtsstunde des ersten Duroplasten - in
diesem Fall ein petrochemisches Material im Gegensatz zum partiell biogenen Celluloid [73],
[75]. Durch den Ersatz von Elfenbein durch Celluloid konnten alleine in England jährlich
8000 Elefanten das Leben gerettet werden, da das Elfenbein nicht mehr für Billardkugeln benö-
tigt wurde (siehe Bild 125) [23]. Da bei der Jagd auch 4000 Menschen starben, wurden auch
zahlreiche Menschenleben gerettet. Weiteres zur Geschichte und historischen Verwendung des
Celluloid und anderer historischer Kunststoffe siehe [23], [73], [75] und [76].
 
 
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