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und den ganzen Tag werden bar meals
(kleine Mahlzeiten) serviert. Die Weinkar-
te ist gut, die Hausweine sind es eben-
falls. Sommertags sitzt man vor dem Lo-
kal und kann das Treiben auf dem Platz
beobachten, bei Regenwetter schaut
man durch die großen Glasscheiben auf
das quirlige Leben des Leicester Square.
Bei schönem Wetter bieten Portraitzeich-
ner ihre Dienste an.
An der südöstlichen Ecke beginnt die
Irving Street, in dem das Haus Nr. 9 einst
den Beefsteak Club beherbergte. Um die
Wende vom 19. zum 20. Jh. fand in dem
mehr oder weniger geheimen Klub eine
Polizeirazzia statt. Das Gebäude war sehr
heruntergekommen und dubiose Her-
ren - alle immer tief vermummt - gin-
gen regelmäßig aus und ein, sodass die
Ordnungshüter ein Diebesnest vermu-
teten. Am Abend der Razzia waren nur
vier Herren anwesend. Ein Polizeioffizier
fragte: „Darf ich wissen, wer Sie sind?“
„Ich bin der Lordkanzler“, antwortete der
erste. „Selbstverständlich Sir, und Sie?“
„Ich bin der Erzbischof von Canterbury!“
„Aha, und wer sind Sie?“ „Ich bin der Prä-
sident der Bank von England!“ „So, so,
dann sind Sie wohl der Premierminis-
ter?“ „Das bin ich in der Tat“, antworte-
te Sir Arthur Balfour.
1887 öffnete eine berühmte music
hall am Leicester Square ihre Pforten:
das Empire Theatre (heute das gleich-
namige, riesige Kinocenter). Die auf
der Bühne agierenden halbbekleideten
Nummerngirls sowie die vielen Prostitu-
ierten, die ins Empire kamen, waren für
die jungen Männer der damaligen Tage
eine Sensation. 1890 startete eine ge-
wisse Mrs. Ormiston Chant eine Kampa-
gne gegen den Sittenverfall im Empire.
Die Gänge, in denen die Damen erste
Annäherungsgespräche mit ihren Kun-
den führten, wurden - wir befinden uns
in der Hochphase des puritanischen Vik-
torianismus - mit hölzernen Stellwänden
vor den Blicken züchtiger Bürger verbarri-
kadiert. Die Oppositionsbewegung gegen
derlei sinnenfeindliche Bestrebungen
führte ein junger Mann der traditionsrei-
chen Militärakademie von Sandhurst an.
Wie uns Winston Churchill in seiner Bio-
grafie „My Early Life“ mitteilt, stürmten
er und seine Freunde das Theater, rissen
die Stellwände nieder und warfen sie -
kurz und klein geschlagen - triumphie-
rend auf den Leicester Square. Churchill
war derart begeistert ob dieser Tat, dass
er sein Vorgehen mit dem Sturm auf die
Bastille verglich („I thought also of the ta-
king of the Bastille ... “). Kurze Zeit später
wurden die Sichtblenden - sehr zum Är-
ger von Churchill - durch steinerne Mau-
ern ersetzt. Kurz nach der Eröffnung des
Empire besuchte der Dichter Thomas
Hardy (1840-1928) die music hall und
zeigte sich anschließend ehrlich besorgt
über die mageren Nummerngirls auf der
Bühne: „The dancing-girls are nearly all
skeletons. They should be penned and
fattened for a month to round out their
beauty“ (Die Tanzmädchen gleichen alle
Skeletten. Man sollte sie für einen Mo-
nat mästen, damit ihre Schönheit sich
rundet).
µ U-Bahn Leicester Square
In der All Bar One am
Leicester Square kann man sich
vom Sightseeing erholen
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