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eingebettet. In einem kleineren Teil fin-
det ein Flohmarkt - praktisch die Ver-
längerung des Petticoat Lane Market -
statt, auf dem Textilien und Waren aller
Art verkauft werden. Dazwischen finden
sich noch immer einige Stände, die vege-
tarisches Essen oder Gerichte aus biolo-
gischem Anbau anbieten.
µ Commercial Road, U-Bahn Liverpool Street,
Aldgate, Aldgate East
und ebensolchen Hautausschlägen, von
Obszönitäten und Monströsitäten und
bestialischen Gesichtern. Ein eisiger
Wind fegte und diese Kreaturen in ihren
armseligen Lumpen schliefen hier oder
versuchten es wenigstens. Dort lag ein
Dutzend Frauen im Alter von zwanzig bis
siebzig Jahren, daneben auf einer harten
Bank ein Baby von vielleicht neun Mona-
ten, ohne Kissen oder Zudecke, und nie-
mand kümmerte sich darum. Hier ein
paar Männer, die stehend oder aneinan-
dergelehnt schliefen. Dort eine Familien-
gruppe: Das Kind schlief in den Armen
der Mutter, während der Vater notdürf-
tig einen kaputten Schuh flickte. (...)
Daneben lag schlafend ein Paar, das
sich umschlungen hielt, etwas weiter ein
schlafender Mann mit lehmverkruste-
ten Kleidern; sein Kopf ruhte im Schoß
einer jungen Frau von höchstens fünf-
undzwanzig Jahren, die auch schlief.
Warum schlafen sie alle? fragte ich mich
verwundert. Den Grund erfuhr ich später:
Es ist ein Gesetz der Mächtigen, dass die
Obdachlosen nachts nicht schlafen dür-
fen.“ (Hervorhebung im Original.)
Bis heute ist diese Schilderung aktu-
ell geblieben.
J chRist chuRch
sPitaLfiELds *
[R11]
Östlich vom Marktgelände liegt an der
Ecke Fournier Street/Commercial Street
die von Nicholas Hawksmore 1729
errichtete Christ Church. In dem klei-
nen Kirchgarten speiste man in frühe-
ren Zeiten - und auch heute noch - die
Obdachlosen der Umgebung. Jack Lon-
don besuchte den winzigen Park wäh-
rend seines Aufenthaltes im Eastend
und beschrieb das Elend, das sich ihm
darbot: „Hier bot sich nachmittags um
drei Uhr ein Anblick, den ich am liebs-
ten wieder vergessen möchte. In diesem
Park, der kleiner ist als mein Rosengar-
ten zu Hause, blühen keine Blumen, hier
wächst nur Gras. Er ist wie alle Londo-
ner Parks von einem Gitterzaun mit spit-
zen Eisenzacken umgeben, damit nachts
keine Obdachlosen darüberklettern kön-
nen, um auf dem Gras zu schlafen. (...)
Wir gingen den schmalen Kiesweg ent-
lang. Auf den Bänken zu beiden Sei-
ten lag ausgebreitet eine Ansammlung
menschlichen Elends, ein Zerrspiegel der
Menschheit, dessen Anblick Doré zu noch
teuflischeren Exzessen der Fantasie ins-
piriert hätte, als er jemals erreichte. Es
war ein reines Chaos von Schmutz und
Lumpen, von ekelerregenden Wunden
The Ten Bells
Ebenfalls in der Fournier Street kann man
ein Bier im Pub The Ten Bells (s. S. 214)
trinken. Die Kneipe hieß zwischen 1890
und den 70er-Jahren des 20. Jahrhun-
derts „Jack the Ripper Pub“ und besaß
bis vor wenigen Jahren ein Fenster, in
dem die grauenhaften Morde dargestellt
waren (Mary Kelly, das fünfte Opfer des
Killers, ging rund um den Pub auf Kun-
denfang).
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