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Cafés im Park sind überfüllt, auf der Ser-
pentine, dem künstlichen See, wird geru-
dert und wer seine Freizeit mit kurzwei-
ligem Kunstgenuss abrunden möchte,
findet in der Serpentine Gallery wech-
selnde Ausstellungen.
Im Juli 2004 weihte Königin Elisa-
beth im Hyde Park einen Brunnen zu Eh-
ren ihrer 1997 tödlich verunglückten Ex-
Schwiegertochter Diana, der ehemaligen
Princess of Wales, ein. Den kreisrunden,
3,6 Mio. £ teuren Brunnen - im südwest-
lichen Teil des Parks, nahe der Serpen-
tine gelegen - schuf die amerikanische
Landschaftsarchitektin Karen Gustafson
aus cornischem Granit.
In der Nordost-Ecke, am Marble Arch,
befindet sich Speaker's Corner (U-Bahn
Marble Arch). Allsonntäglich trägt sich
hier das gleiche Spektakel zu: Profilie-
rungssüchtige Redner pflegen die Kunst
der öffentlichen Meinungsäußerung. Ge-
sagt werden darf alles, nur eine Beleidi-
gung des Königshauses hat zu unterblei-
ben. Den normalen Zuhörer treiben die
kruden Theorien der Rhetoriker alsbald
davon. Ganz anderer Ansicht war noch
Wladimir Iljitsch Lenin, der zwischen
1902/1903 in London lebte, regelmä-
ßig Speaker's Corner aufsuchte und
dort Argumentationsnachhilfe bekam:
„Ein Atheist, umlagert von einer Gruppe
neugieriger Zuhörer, bewies der Menge,
dass es keinen Gott gibt. Wir waren be-
sonders scharf darauf, seiner Beweis-
führung zu folgen! Er sprach mit irischem
Akzent, der für uns leichter zu verstehen
war. Nahebei brach ein Offizier der Heils-
armee in hysterisch gebrüllte Appelle an
Gott den Allmächtigen aus, während wie-
der ein Stück weiter ein Verkäufer die
Knechtschaft in den großen Kaufhäu-
sern anprangerte.“ Seit dem Jahr 1872
darf jedermann an Speaker's Corner sei-
ne Meinung kundtun, das einstige Privi-
leg erstritten sich die Arbeiter und Hand-
werker, als sie für die Reformgesetze im
Hyde Park demonstrierten (bis dahin wa-
ren Protestveranstaltungen in dem Gar-
tenareal verboten). 1890 hielt Fried-
rich Engels eine Rede über die Notwen-
digkeit politischer Organisationsformen.
Noch heute finden Demonstrationen ih-
ren Abschluss im Hyde Park. Einer eher
volkstümlichen Überlieferung nach ging
Speaker's Corner auf die Galgen von Ty-
burn zurück, die mehrere Jahrhunderte
an dieser Stelle gestanden haben: Die
Verurteilten, die hier ihre letzten Worte
sprachen, konnten sagen, was sie woll-
ten, zu verlieren hatten sie nichts mehr,
auf sie wartete ohnehin der Tod.
Die Zeiten, als Speaker's Corner - so
die Sunday Times im Jahre 1960 - „Lon-
dons beste kostenlose Sonntagsunter-
haltung“ bot, sind aber vorbei. Denn ent-
weder hört der Besucher spinnerte An-
sichten oder er muss fanatischen Eife-
rern lauschen, deren Ideologien nicht
minder krude sind.
Welche rhetorische Qualität und Elo-
quenz noch vor einigen Jahrzehnten an
dieser Ecke dominierten, zeigte der Tod
eines gewissen Bonar Thompson im Jah-
re 1963: Fast alle Londoner Zeitungen
druckten Nachrufe auf diesen Hyde-Park-
Redner, der Sonntag für Sonntag seine
Zuhörer mit seinem Zitatenreichtum be-
geisterte und dabei regelmäßig Aberhun-
derte von Leuten anzog.
Noch als Kind wurde Kenyon Jarvis zur
Legende, der 12-jährig mit Piepsstim-
me (weil im Stimmbruch) inhaltsschwer
parlierte.
Es steht nicht zu hoffen, dass aufgrund
der jüngsten Ereignisse der Hyde Park
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