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WEstminstER - diE „coRRidoRs of PoWER“
Im Jahre 1476 ließ sich der Händler Wil-
liam Caxton - nachdem er längere Zeit
auf dem Kontinent, vor allem in Brügge
und Köln, verbracht hatte - in Westmins-
ter nieder und eröffnete eine Druckerei.
Caxton hatte in Deutschland das Drucker-
handwerk erlernt und war der Erste, der
diese neue Technik in England einführte.
In den 15 Jahren, die er in Westmins-
ter verlebte, produzierte der Drucker
eine Vielzahl von billigen Büchlein; sehr
beliebt beim Publikum - und damit für
Caxton ein großer ökonomischer Gewinn
- waren Chaucers „Canterbury Tales“,
ein Band über König Arthurs Tafelrunde
sowie ein Vademekum für Schachspieler.
Als Caxton 1491 starb, bestattete man
ihn in der St. Margaret's Church SS (sein
Grab hat man bis heute allerdings noch
nicht gefunden), das Druckhandwerk
hatte sich zu dieser Zeit bereits in ganz
England durchgesetzt.
Dass Caxton sich gerade in Westmins-
ter niederließ, war natürlich nicht ohne
Grund geschehen: Der König hielt na-
hebei in der Westminster Hall Hof und
ebenfalls in unmittelbarer Nähe bete-
ten die frommen Brüder der Westmins-
ter Abbey. Die weltlichen wie die geist-
lichen Würdenträger verhießen Interes-
se am gedruckten Wort und damit wirt-
schaftliche Prosperität.
Die Ursprünge von Westminster gehen
auf den Angelsachsen Eduard den Be-
kenner (1042-1066) zurück. Er war der
Erste, der sich aus den sicheren Stadt-
mauern der City gen Westen wandte
und dort am Ufer der Themse ein Klos-
ter, eine Kirche und einen bescheidenen
Palast errichten ließ. Nach der Schlacht
bei Hastings im Jahre 1066 residierte
der siegreiche Wilhelm der Eroberer in
Eduards Gemächern, bis man das ers-
te Teilstück des Tower fertiggestellt hat-
te. Wilhelms Nachfolger, sein Sohn Rufus
(1087-1101), ließ die Westminster Hall
errichten, die alsbald zum Zentrum der
Macht avancierte: Hier hielt der Monarch
Audienzen ab, empfing Delegationen,
ließ sich von seinen Ratgebern informie-
ren und sprach Recht. Im Laufe der Ge-
schichte fanden die großen politischen
Prozesse in Westminster Hall statt: Ri-
chard II. wurde im Jahre 1399 gezwun-
gen, die Krone zugunsten seines Vetters
Heinrich abzugeben. 1535 befand man
den Philosophen und Lordkanzler Tho-
mas Morus des Hochverrats für schuldig,
weil er sich geweigert hatte, Heinrich VIII.
als neues kirchliches Oberhaupt anzu-
erkennen. 1649 empfing Karl I. sein To-
desurteil und fünf Jahre später ernannte
man seinen Widersacher Oliver Cromwell
zum Lordprotector.
600 Jahre lang hielt man zudem in
der Westminster Hall die Krönungsban-
kette ab, das letzte Mal 1820 für Ge-
org IV. Britanniens letzten beiden Herr-
scher wurden hier aufgebahrt und auch
von Winston Churchill und „Queen Mum“
konnte die Bevölkerung an diesem Ort
Abschied nehmen. Heute wird West-
minster Hall für bedeutende Staatsange-
legenheiten genutzt und das Ober- sowie
auch das Unterhaus kommen bei beson-
deren politischen Anlässen gemeinsam
zusammen - sonst sind diese beiden In-
stitutionen streng voneinander getrennt.
Eine ganze Anzahl von britischen Auto-
ren hat in diesen „Korridoren der Macht“
gearbeitet, zugleich waren aber viele gro-
ße und bekannte Politiker auch Literaten.
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