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Faschismus etabliert hat. Von 1925
bis 1943 verdoppelte sich die Ein-
wohnerzahl Roms von 700.000 auf
1,5 Millionen. Dieses starke Bevöl-
kerungswachstum war vor allem eine
Folge des gigantischen Ausbaus der
Bürokratie, die einen enormen Per-
sonalbedarf hatte. Bis heute sind die
Folgen dieser Entwicklung spürbar.
Der aufgeblähte Verwaltungsapparat
verschlingt etwa die Hälfte aller öf-
fentlichen Einnahmen. Nicht wenige
Römer wären ohne dieses „Beschäf-
tigungsprogramm“ arbeitslos. Mus-
solinis Beamte prägten die Stadt vor
allem in den Nachkriegsjahren. Vie-
le von ihnen hielten der postfaschis-
tischen MSI, die sich heute zur Alle-
anza Nazionale reformiert hat, die
Treue und trugen dazu bei, dass Rom
nach dem 2. Weltkrieg zu einer Hoch-
burg des italienischen Neofaschis-
mus wurde.
Und dann gibt es natürlich das
Rom der einfachen Leute: Die stam-
men meistens aus Süditalien und ha-
ben mit ihrer Mentalität die Stadt in
den letzten 100 Jahren geprägt. Der
einfache, laute und herzliche Römer
auf der Straße hat oft süditalienische
Vorfahren.
Das Leben in der Familie spielt in
Rom auch heute noch eine große Rol-
le. Kaum ein Römer verlässt vor sei-
ner Heirat das Elternhaus. Ein Grund
dafür liegt sicherlich in der katastro-
phalen Wohnungssituation in Rom.
Andererseits ist es aber auch ein Be-
harren auf einem Leben im Familien-
verband, gepaart mit einer gewissen
Bequemlichkeit.
Rom hat eine lange Erfahrung mit
Zuwanderern. Schon die katholische
Kirche hat immer wieder Einwande-
rer angezogen. Alle wichtigen Künst-
ler, die in Rom für die Päpste gear-
beitet haben (Michelangelo, Bernini,
Raffael), kamen aus anderen Gegen-
den Italiens.
Heute kommen die meisten Ein-
wanderer aus Rumänien und Afrika,
leben illegal in überbelegten Billig-
pensionen oder errichten Siedlungen
aus Wellblechhütten am Rande des
Stadtzentrums. Die meisten Römer
begegnen Fremden im Alltag freund-
lich und aufgeschlossen, allerdings
hat sich, bedingt durch das gesell-
schaftliche Klima in Italien, das die
Regierung Berlusconis mitzuverant-
worten hat, auch ein Rassismus aus-
gebreitet, der vor allem an den Wo-
chenenden im Fußballstadion bei den
Heimspielen von Lazio Rom deutlich
wird. Da werden hemmungslos anti-
semitische und rassistische Spruch-
bänder entrollt und gegnerische Spie-
ler diskriminiert. Viele Römer neh-
men wegen derartiger Szenen, die
in einer kosmopolitischen Stadt wie
Rom besonders absurd sind, mittler-
weile Abstand von einem Besuch des
Stadions.
Das röMische
FilMFestiVal
Im Herbst 2006 fand in Rom das ers-
te Filmfestival statt. Begründet wur-
de es von dem damaligen linken Bür-
germeister Roms, Walter Veltroni. Der
bekennende Cineast wollte das „Ro-
maCinemaFest“ neben dem traditi-
onsreichen Filmfestival in Venedig als
zweites großes italienisches Filmfesti-
val etablieren. Glamour sollte mit so-
zialem Anspruch verbunden werden.
Die Resonanz war gewaltig. Viele Kul-
turjournalisten hielten es für denk-
bar, dass das römische Filmfestival
dem in Venedig langfristig den ersten
Rang streitig machen könnte.
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