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30 km/s beträgt, sind - wenn beide Bewegun-
geninentgegengesetzteRichtungengehen-
Relativgeschwindigkeiten von bis zu 72 km/s
oder 260.000 km/h möglich.
Während kleine Meteorite mit Massen unter
10 t beim Eintritt in die Erdatmosphäre noch
durch die Reibung abgebremst werden können,
fallen größere Meteorite wenig oder praktisch
ungebremst auf die Erde. Die Reibungsenergie
lässt in jedem Fall die äußere Hülle schmelzen
und teilweise verdampfen, sodass auch hier -
wie bei Kometen - Leuchterscheinungen (Me-
teore) sichtbar sind. Während aber Kometen
dauerleuchten(solangesienahegenugander
Sonne sind), leuchten Meteorite nur wenige Se-
kunden - so lange, wie sie benötigen, um die
Erdatmosphäre zu durchqueren. Meteorite mit
großen Massen haben also beim Aufschlag
nicht nur die Zerstörungskraft ihrer Riesen-
masse ( m ), sondern auch eine gewaltige kineti-
sche Energie ( E kin ), da diese nach E kin = 1 2 mv 2
quadratisch mit der Geschwindigkeit ( v )zu-
nimmt und die Geschwindigkeit großer Meteo-
rite auch beim Aufprall noch hoch ist. Daher
verdampfen große Meteorite beim Aufprall
auch mehr oder minder vollständig, wie es z. B.
beim Meteoriten des Nördlinger Ries in Bayern
der Fall war (Kasten 4.5).
Kasten 4.5 Das Nördlinger Ries
Das Nördlinger Ries in Bayern (NE von Ulm,
siehe Abb. 3.61) ist ein im Durchmesser etwa
20 km großer Meteoritenkrater (Abb. 4.10),
der vor rund 14,3 Millionen Jahren entstan-
den ist. Die an der Einschlagstelle vorhande-
nen mehrere Hundert Meter mächtigen me-
sozoischen Sedimente wurden herausge-
schleudert, z.T. zu einer Art Plasma ver-
dampft und nach Osten verdriftet, woraus
sich beim Abkühlen die in der Tschechischen
Republik gefundenen Tektite gebildet ha-
ben, das sind durch den Meteoritenein-
schlag entstandene Gläser, die mit dem Lo-
kalnamen Moldavit bezeichnet werden. In
der Umgebung des Ries wurden die „Bunten
Trümmermassen“ kilometerweit herausge-
schleudert, z.T. werden hausgroße Blöcke
gefunden, die durch die Luft geflogen sein
müssen. Sie bestehen z.T. aus den mesozoi-
schen Sedimenten, z.T. aber auch aus Grund-
gebirge, denn auch dieses wurde durch den
Meteoriteneinschlag in Mitleidenschaft ge-
zogen. In den dabei freigelegten Gneisen,
die denen des mittleren Schwarzwaldes und
des Bayerischen Waldes sehr ähnlich sind,
wurde der gesteinsbildende Graphit teil-
weise in Mikrodiamanten umgewandelt, der
Quarz teilweise in Coesit .DurchdieVermi-
schung von teilweise aufgeschmolzenem
und teilweise nicht aufgeschmolzenem,
stark brekziiertem und teilweise bimsartig
aufgeschäumtem Material entstand ein cha-
rakteristisches Gestein, der Suevit (Abb. 4.11,
benannt nach dem lateinischen Namen von
Schwaben), der ehemals geschmolzene,
heute flachgedrückte, schwarze „Flädle“
enthält, was der schwäbische Ausdruck für
Pfannkuchen ist.
Der Ries-Meteorit war beim Aufprall etwa
1 km groß, doch war er wohl vor dem Ein-
schlag zerbrochen, da das Ries einen kleine-
ren, westlich gelegenen Zwillingskrater hat,
nämlich das Steinheimer Becken . Im Gegen-
satz zum Ries besitzt das Steinheimer Becken
einen Zentralhügel (Abb. 4.12), den für seine
Strahlenkalke berühmten Klosterberg. Strah-
lenkalke, im Englischen „ shatter cones
(Abb. 4.11), sind typische radiale Strukturen
in Gesteinen, die ausschließlich bei Meteori-
teneinschlägen durch Überschallgeschwin-
digkeitswellen entstehen und daher ein cha-
rakteristisches Kennzeichen für Meteoriten-
krater sind. Der Unterschied zwischen dem
Ries und dem Steinheimer Becken hängt mit
der Größe der Meteorite und mit den physi-
kalischen Vorgängen beim Einschlag zusam-
men: Oberhalb und unterhalb einer Maxi-
mal- bzw. Minimalgröße bildet sich kein
Zentralhügel mehr. Der Riesmeteorit war
einfach zu groß. Sowohl das Steinheimer Be-
cken als auch das Nördlinger Ries wurden
post-meteoritisch übrigens mit hübschen
Seen gefüllt, in denen hoch interessante Fos-
silien abgelagert wurden.
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