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Kasten 3.20 Aufschmelzung und Kristallisation in einem binären
System mit Eutektikum
Betrachten wir die Zusammensetzungen X
und Y in Abb. 3.77b. Bei Aufschmelzung von
Zusammensetzung X geschieht folgendes:
Das feste Ausgangs“gestein“ besteht bei
950°C und 1 bar (in Komponenten ausge-
drückt) zu 30% aus SiO 2 und zu 70% aus
KAlSi 2 O 6 oder (in Phasen ausgedrückt) zu
86% aus K-Feldspat und zu 14% aus Tridy-
mit. Bei Temperaturerhöhung auf etwa
990°C erreicht es die eutektische Tempera-
tur - es beginnt aufzuschmelzen. Die erste
Schmelzzusammensetzung ist etwa 55%
SiO 2 und 45% KAlSi 2 O 6 (Eutektium). Das Ge-
stein verharrt so lange bei dieser Temperatur
(allerdings bei stetiger Energiezufuhr, die
Energie wird allein zum Aufschmelzen ver-
wendet und nicht in Temperaturerhöhung
investiert), bis aller Tridymit geschmolzen ist,
dann bewegt sich die Schmelzzusammenset-
zung bei weiterer Energiezufuhr entlang
der Liquiduskurve nach links oben. Die
Schmelze ändert stetig ihre Zusammenset-
zung, wird durch Aufschmelzen von K-Feld-
spat immer KAlSi 2 O 6 -reicher, aber nach wie
vor steht sie mit kristallinem K-Feldspat im
Gleichgewicht. Bei etwa 1150°C erreicht sie
das Peritektikum. Der noch übrige K-Feld-
spat zerfällt in Leucit und SiO 2 , wobei das
SiO 2 in die Schmelze geht. Auch hier bleibt
die Temperatur konstant, bis die gesamte
Konversion von K-Feldspat nach Leucit voll-
zogen ist. Ist sie abgeschlossen, steigt die
Temperatur weiter, Leucit schmilzt langsam
auf und die Schmelze entwickelt sich weiter
entlang der Liquiduskurve bis zu dem Punkt,
wo die Schmelzzusammensetzung exakt der
ursprünglichen Gesteinszusammensetzung
(30% SiO 2 ) entspricht. Dort schmilzt der
letzte Leucitkristall und das System ist kom-
plett geschmolzen. Die Kristallisation dieser
Zusammensetzung verläuft exakt vergleich-
bar, aber natürlich umgekehrt.
Die Kristallisation der Zusammensetzung Y
ist etwas einfacher, da kein Peritektikum
auftritt. Die Schmelze gerät beim Abkühlen
bei etwa 1600°C an die Liquiduskurve und
kristallisiert zunächst reinen Cristobalit. Bei
der Abkühlung bewegt sich daher die Zu-
sammensetzung der Schmelze weg von SiO 2
(da der Schmelze die ganze Zeit SiO 2 entzo-
gen wird) auf der Liquiduskurve nach schräg
links unten. Bei etwa 1470°C wird der ge-
samte bisher kristallisierte Cristobalit in die
andere SiO 2 -Modifikation Tridymit umge-
wandelt. Dann geschieht nichts weiter, als
dass die Schmelze weiter der Liquiduskurve
folgt und Tridymit auskristallisiert. Erst bei
990°C, am Eutektikum, kristallisiert der erste
K-Feldspat zusammen mit Tridymit aus. Dort
kristallisiert also gleichzeitig die gesamte
restliche Schmelze als „eutektisches Ge-
misch“, das meist eine typische Textur auf-
weist (Abb. 3.78). Die Kristallisation ist damit
abgeschlossen.
3.78 BSE-Aufnahme eines eutektischen Gemi-
sches: Kalifeldspat (hellgrau) und Quarz (dun-
kelgrau) aus einem Granophyr der Puklenintru-
sion, Südgrönland.
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