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Hochrenaissance (um 1490-1520)
Die Errungenschaften der Frühre-
naissance (Perspektive, Naturalismus,
gemalte Architektur, Porträtkunst) sind
für Michelangelo, Leonardo da Vinci
und Raffael selbstverständliches All-
gemeingut, quasi Handwerkszeug ge-
worden. Sie sind nicht mehr Pioniere,
sondern Erben einer Tradition, an der
sie selbst noch teilhatten und die
durch sie ihren Höhepunkt wie ihren
Endpunkt erreicht. Die Farben werden
gedämpfter und gebrochener, die
Figuren, die aus den Bildern hervorzu-
treten scheinen, voluminöser und pro-
minenter, die Bildaussagen allgemei-
ner und allgemeiner verständlich. Raf-
fael wird zum Symbol von Harmonie,
Schönheit, Würde und Hoheit der
Renaissance, sein Antipode Michelan-
gelo übersteigert ihre Ideale ins Maß-
lose, Gigantische, Illusionistische. Bei-
de sind vornehmlich in Rom tätig (Mi-
chelangelo gezwungenermaßen, Raf-
fael aus Neigung), und beide finden
keine Nachfolger mehr, sondern leiten
zu einer neuen Epoche über.
In Florenz empfindet man die nicht
mehr zu überbietende Meisterschaft
der Vorfahren als besonders bedrück-
end. Hauptvertreter der Manieristen
(nach Vasaris abwertendem „alla ma-
niera di … Michelangelo“) sind Pontor-
mo (1494-1557), Rosso Fiorentino
(1494-1540) und Bronzino (1503-
1572) sowie in der Bildhauerei Giam-
bologna und Benvenuto Cellini . Sie
präsentieren die Kunst ihrer Vorbilder
bewusst unruhig, überspitzt, gebro-
chen, manisch „verdreht“, manchmal
aber auch bis ins Süßliche verkitscht.
Fra Angelico (um 1400-1455). Die bewe-
genden Kreuzigungen und Verkündigungen
des Dominikanermönchs aus Fiesole und
späteren Priors von San Marco sind legendär.
Verzaubernde Ambivalenz: hier gotische In-
nerlichkeit und mittelalterliches Formempfin-
den (Frömmigkeit), dort die plastische Mo-
dellierung und rationale Raumaufteilung des
aufgeklärten Renaissancemenschen. Florenz
(San Marco), Pisa, Cortona, San Giovanni
Valdarno .
Sandro Botticelli (1445-1510). Sein Ruf
als Kultmaler gründet sich auf die süße,
schwermütige Sinnlichkeit seiner rätselhaften
Liebes-Allegorien Geburt der Venus und Pri-
mavera . Tatsächlich war er (auch) ein zutiefst
religiöser Maler, der nicht umsonst den Ideen
Savonarolas anhing. Wie viele Renaissance-
künstler begann er als Goldschmied, ehe er
als Schüler Filippo Lippis auserwählt wurde,
1481 mit Ghirlandaio und Perugino die Six-
tinische Kapelle in Rom auszumalen. Florenz
(Ognissanti, Accademia) .
Cimabue (um 1240-1302) „erweckte das
erste Licht in der Kunst der Malerei“ (Vasari).
Auf der einen Seite noch ganz in der Traditi-
on verwurzelt, begann er als erster, das starre
Schema der urchristlichen Stereotypen durch
neue visuelle und dramatische Motive aufzu-
brechen. Florenz (Baptisterium, Santa Croce),
Pisa, Pistoia, Arezzo .
Duccio di Buoninsegna (um 1255-1319)
aus Siena gelang die Kunst, eine Synthese
aus byzantinischem Ikonenstil und gotischer
Raffinesse und Exaltation zu formen. Kein
kühner „Neuerer“ wie Giotto, eher ein stiller
Poet und Visionär, der die Malerei aber min-
destens ebenso voranbrachte. Die glühen-
den Miniaturen seiner Maestà dienten noch
Generationen von Sieneser Malern als Vor-
bild wie „Fundgrube“. Siena, Grosseto .
Piero della Francesca (um 1420-1492)
unterscheidet sich in vielem von allen ande-
ren Malern der Renaissance, auf die sein ei-
genwilliger, unverwechselbarer Stil dennoch
großen Einfluss ausübte. Obwohl er an Hö-
fen wie Ferrara, Urbino und Rimini tätig war,
blieb er ein Eigenbrötler, der immer wieder in
seinen Heimatort Sansepolcro zurückkehrte
statt sich in der Kunstmetropole Florenz nie-
derzulassen. Seine stilisierte, auf einfache
 
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