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stücken (u. a. von Dante, Boccaccio,
Caterina, San Bernardino, Pius II.),
kaiserlichen Urkunden, päpstlichen
Bullen, Siegeln, Maßen, Gewichten
und vielem mehr. Im Museo dell'
Archivio di Stato (tatsächlich nur ein
winziger Saal inmitten einer köstlichen
Kafka-Szenerie, in die sich kaum je ein
Besucher verirrt; 4. Stock, Lift) wird ein
besonders kostbarer Teil dieser Pre-
ziosen ausgestellt, die Tavolette di
Biccherna der Sieneser Zoll- und
Finanzbehörde, die die Umschlag-
deckel ihrer Jahresbücher von 1258
bis ins 17. Jh. hinein von hervorragen-
den Künstlern wie Ambrogio Loren-
zetti, Taddeo di Bartolo, Sano di Pie-
tro, Lucca di Tomé, Giovanni di Paolo,
Vecchietta und Beccafumi schmü-
cken ließ. Ein wahrhaft rarer Glücksfall
einer Vermählung von Kunst und
Bürokratie.
13. Jh., wurde aber im 15. umgebaut.
Das dreischiffige Innere beeindruckt
durch eine seltene Harmonie von Go-
tik (Apsis und Querschiff) und Renais-
sance (Längsschiffe).
Gleich am Eingang befinden sich
Freskenreste in den typischen Pastell-
farben Pietro Lorenzettis (die von sei-
nen Schülern stammen), im rechten
Seitenschiff ist die berühmte byzantini-
sche Madonna del Bardone des 1260
bei Montaperti in Sieneser Gefan-
genschaft geratenen Coppo di Marco-
valdo zu bewundern (siehe Civitas Vir-
ginis, Seite 290). Der gerade in Siena
so populäre Kindermord zu Bethlehem
ist in der Servitenkirche gleich zwei-
mal vertreten, als Tafelbild vom
„Spezialisten“ Matteo di Giovanni
(1491, 4. Altar rechts) und als leider et-
was ramponiertes Fresko Pietro Loren-
zettis (um 1340, 2. Querschiffkapelle
rechts; am Altar eine Madonna von
Lippo Memmi, um 1317).
Besser erhalten ist Lorenzettis Fest-
mahl des Herodes (2. Querschiffka-
pelle links), bei dem er sich erneut als
Meister der „Parallelmontage“ zeigt;
sein Einfall, in der einen Bildhälfte das
Haupt des Täufers „braten“ und in der
anderen der Salome servieren zu las-
sen, muss wohl seinerzeit einige Ver-
störung hervorgerufen haben.
Von der Servitenkirche mit großarti-
gem Blick auf Siena ist es nicht weit
zur wuchtigen Porta Romana (1327)
oder zur trutzigen Porta Pispini, ei-
nem perfekt erhaltenen Befestigungs-
tor.
Auf dem Weg zurück ins Zentrum
kann man einen Abstecher zur Renais-
Loggia del Papa & Via del Porrione
Wenige Schritte hinter der Univer-
sität, einer der ältesten Italiens (1240),
stehen die Renaissance-Arkaden von
Pius' Loggia del Papa (1462) und die
kleine Kirche San Martino (16. Jh.), die
dem Terzo den Namen gab.
Über die Via del Porrione (die ihren
Namen später in San Martino bzw. dei
Servi ändert) gelangt man zur Ordens-
kirche der 1233 bei Florenz gegründe-
ten Bruderschaft der Diener Mariens,
die zahllosen exilierten Florentiner
Ghibellinen Unterschlupf gewährte.
Santa Maria dei Servi
Die Kirche stammt wie ihr wuchtiger
quadratischer Campanile aus dem
 
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