Travel Reference
In-Depth Information
überzeugt ist. Caldo heißt nicht kalt, son-
dern warm, ein giorno feriale ist ein Werk-
und kein Ferientag, und chiuso ist nicht et-
wa der Name der Mineralölfirma, die alle
Tankstellen auf dem Land beliefert, son-
dern bedeutet „geschlossen“.
sondern weil ihm das Vergnügen seiner
Gäste Freude macht. Die deftige, an den
Jahreszeiten ausgerichtete Küche ist fa-
mos (1001 Kochbücher können nicht ir-
ren), wer allerdings zwei Oktoberwochen
im toscanischen Hinterland verbracht hat,
wird so schnell keine Wildschwein- oder
Pilzgerichte mehr anrühren. Die viel ge-
rühmte Regionalküche weigert sich auch
im Zeitalter der Kühltechnik beharrlich,
Fisch beispielsweise auch nur 30 km weit
von der Küste ins „Landesinnere“ zu trans-
portieren und bringt lieber stur das Alther-
gebrachte auf den Tisch. Ja, lecker ist sie
wirklich, die Cucina Casalinga der Gour-
met-Toscana, aber manchmal kann sie
auch ganz schön eintönig sein.
Il Bar
Das ist keine anrüchige Lokalität, son-
dern eine istituzione . Einen caffè am Tre-
sen schlürfen, einen Blick in die Zeitung
werfen, kurz telefonieren, einen Imbiss
nehmen, eine Busfahrkarte kaufen, trat-
schen, diskutieren, Karten spielen - die
Bar erfüllt zig Funktionen und ist als Treff-
punkt und Nachrichtenbörse ein Brenn-
punkt des sozialen Lebens wie die Piazza,
der Corso oder der Kramladen an der
Ecke.
Kosten & Preise
Si regala tutto ruft der Marktschreier am
Ende des Vormittags, aber geschenkt wird
einem natürlich trotzdem nichts. Lohn-
und Lebenshaltungskosten sind kaum
niedriger als in Deutschland, viel billiger
leben als zu Hause wird man in der Tosca-
na daher nur bedingt (da ist schon die EU
vor). Ein wenig fröhliche Geldverschwen-
dung (finanza allegra) muss man schon
praktizieren, um sich mancher Verführung
hinzugeben. Aber es wird ein Genuss
(meist) ohne Reue sein.
Reisezeit
Im Sommer ist es zu voll und zu heiß, im
Winter zu nasskalt und leer. Auch Ostern
und Pfingsten sind unbedingt zu vermei-
den, wenn man nicht gerade ein Fan von
Warteschlangen ist (Autobahnen, Kirchen,
Museen, Geheimtip p -Trattorien), und wann
immer irgendwo ein „Event“ ansteht
(Markt, Festtag, „historischer“ Umzug),
sollte man sich auf Menschenmassen und
Massenwahn einrichten. Und doch, und
das ist das Verblüffende - „irgendwie“
geht's eigentlich immer und zu jeder Zeit.
Und noch nie haben wir unsere Zelte in
der Toscana abgebrochen und ausge-
rufen: Nie wieder!
Unterkunft
Die Toscana ist sündhaft teuer, das weiß
jeder. Kommt ganz darauf an, sagen wir,
ob man sein müdes Haupt unter einen
Baldachin auf Daunen betten mag oder
mit einem einfachen Schlafplatz zufrieden
ist. Zwischen 2500
(gell, die Villa San Mi-
chele in Fiesole ist einfach himmlisch!) und
1 6
pro Übernachtung (super die Nacht
bei den Mönchen!) wird fast alles geboten.
Vorbei ist glücklicherweise die Zeit der
durchgelegenen Matratzen in den Billig-
unterkünften, im Vormarsch aber leider
auch hier stillose „Postmoderne“ und
qualvolle Enge in der Mittelklasse, und
selbst die Vier-Sterne-Traumvilla muss
nicht immer halten, was die Poesie der
Hochglanzbroschüre verspricht.
Essen
Von „Eventgastronomie“ hat hier noch
keiner gehört - und wozu auch, wenn das
Essen selbst das Erlebnis ist. Da ziert man
sich nicht, sondern genießt lustvoll. Der
freudige Esser kann sich der Sympathie je-
des Padrone sicher sein, und nicht nur,
weil dann die Rechnung höher ausfällt,
 
Search WWH ::




Custom Search