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Breite als in die Höhe gebaut, und die
Ansprüche an Komfort, aber auch an
Ästhetik nahmen zu. Der traditionell
wehrhafte Charakter blieb zunächst
erhalten, auch wenn er keine Funktion
mehr erfüllte und zum reinen Dekor
wurde. Schulemachendes Vorbild
wurde der 1444-64 für Cosimo d. Ä.
entworfene Palazzo Medici (Via Ca-
vour 1) von Michelozzo . Das massive
Erdgeschoss wird von rustikalen, unre-
gelmäßig behauenen Bossenquadern
dominiert, die Geschosse darüber sind
zunehmend glatter bearbeitet; Friese,
Gesimse und harmonisch gereihte
Fensterfronten zeigen schon deutlich
klassische Elemente. Die zur Straße
hin offenen Loggien der mittelalterli-
chen Großfamilie sind abgeschafft,
man zieht sich ins Private der Höfe,
Gärten und Gemächer zurück. Für
Kunden, die auf eine „Audienz“ im In-
nern des Hauses warten, errichtet man
Bänke entlang der Fassade, woraus
sich der Begriff der „Geschäftsbank“
entwickelt. Die anmutige Intimität des
Innenhofs mit seinen umlaufenden Ar-
kaden steht in krassem Gegensatz
zum monumentalen Festungsstil des
Äußeren und lässt schon den Einfluss
von Brunelleschis epochalem Findel-
haus erkennen. Prunksäle und selbst
Privatkapellen wurden von den be-
deutendsten Malern ihrer Zeit (Uc-
cello, Gozzoli etc.) ausgemalt.
Fast zur gleichen Zeit (1446) ent-
warf Leon Battista Alberti für eine
konkurrierende Kaufmannsfamilie den
von Bernardo Rosselino ausgeführten
Palazzo Rucellai (Via della Vigna
Nuova 18). Der humanistisch geschul-
te Baumeister und Kunsttheoretiker
führte ein neues ästhetisches Konzept
in die Architektur ein, war aber seiner
Zeit so weit voraus, dass seine Ideen
erst später wieder aufgegriffen wur-
den. Alberti verzichtete auf die „mi-
litärischen“ Bossenquader und über-
zog den Bau mit gleichmäßig flach
verfugten Steinen; gleichzeitig glieder-
te er erstmals die Fassade in der Verti-
kalen mittels klassizistischer Pilaster.
Wie bei den Türmen begannen bald
auch bei den Palazzi Konkurrenz-
kampf und Repräsentationsbedürfnis
der Patrizierfamilien den Grundriss zu
bestimmen. Der Palazzo Pitti auf dem
linken Arnoufer sollte alles Vorherige
übertreffen. Auch wenn das imposante
Gebäude zur Zeit seiner Entstehung
(erste Bauphase: 1458-72) nur einen
Bruchteil seiner heutigen Größe auf-
wies, wurde der Großkaufmann Luca
Pitti als größenwahnsinnig bezeichnet.
Der Entwurf des Kernbaus, der le-
diglich die mittleren sieben Fassaden-
achsen umfasste, wird Filippo Brunelle-
schi zugeschrieben, dessen Pläne für
den Medici-Palast zuvor von Cosimo
als zu „aufwendig“ zurückgewiesen
worden waren. Die in allen Stockwer-
ken gleichmäßig angeordneten Fenster-
reihen stellten ebenso eine absolute
Neuheit dar wie die weitläufige Piazza
vor einem Privathaus, die bis dahin
ausschließlich Kirchen oder Rathäu-
sern vorbehalten war.
Die monumentale Erweiterung der
Fassadenfront auf das Dreifache ihrer
ursprünglichen Länge wurde erst zu
Beginn des großherzöglichen 17. Jh.s
vorgenommen.
 
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