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Turmhaus. 1250 und 1293 wurden im
Gefolge der republikanischen Gesin-
nung Gesetze erlassen, die dem
„Hochmut der Türme“ Einhalt gebo-
ten. Die Verkürzung der
case torri
auf
eine Höhe von max. 30 m sollte der
angestrebten Gleichberechtigung -
zumindest zwischen Adel und Bürger-
tum - Ausdruck verleihen. Heute sind
von den mindestens 150 Wohntür-
men, die Florenz noch zur Zeit Dantes
das Aussehen eines „mittelalterlichen
Manhattans“ gaben, nur noch wenige
übrig, so z. B. die
Torri Foresi
in der Via
Porta Rossa, der
Torre della Pagliazza
unweit des Doms oder der
Torre della
Castagna
in der Via Dante.
Nach dem Niedergang der Turm-
häuser kamen festungsartige
Palazzi
in Mode. Charakteristisch für die Häu-
ser der florentiner Gotik ist ihr nüch-
terner, wehrhafter Festungsstil. Hinter
dem abweisenden, blockartig ge-
schlossenen Baukörper verbergen sich
aber bereits prunkvolle Salons und
den umliegenden Räumen Licht und
Luft spendende Innenhöfe.
Neben den beiden Kommunalpaläs-
ten
Bargello
und
Palazzo Vecchio
stellt
der partiell wieder zugängliche Palaz-
zo der Wollhändlerfamilie Davanzati
(Via Porta Rossa 13
, siehe
Museo Da-
vanzati
) das vollkommenste Beispiel
für ein Wohnhaus des frühen
Quattro-
cento
dar (um 1330).
Mit der
Frührenaissance
änderte
sich die Konzeption des Wohnhauses
grundlegend. Es wurde mehr in die
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Palazzo Davanzati
Die zahlreichen, regelmäßig angeordneten Fenster stellen einen deutlichen Fortschritt
zum Turmhaus dar. Im Erdgeschoss öffnen sich weite, offene Arkaden zu Lagern und
Verkaufsräumen. An der Fassade fallen Eisenringe (zum Festbinden der Pferde), Halte-
rungen (für Fackeln) und schmiedeeiserne Stangen (zur Befestigung von Vorhängen ge-
gen die Sonne, von Fahnen an Fest- oder Wäschestücken an Wochentagen) auf. Durch
die Vorhalle, die man sich offen und von Händlern bevölkert vorstellen muss, tritt man
durch ein Tor in den Innenhof mit einem Brunnen, der das Haus mit Hilfe von Fla-
schenzügen bis ins oberste Stockwerk mit Wasser versorgte - ein rarer Luxus, denn bis
dahin ließen selbst hoch gestellte Familien ihr Wasser vom öffentlichen Brunnen holen.
Völlig neu waren die sanitären Anlagen in jedem Stockwerk; zwar primitiv, aber besser
als gar nichts (und das war die Regel). Erst die Erfindung in die Wände eingelasser Ab-
flussrohre machte all das funktionstüchtig; die darauffolgende Reinigung der Gasse ob-
lag den Benutzern (resp. deren Dienstboten).
Das erste Stockwerk, der
piano nobile
, diente der Repräsentation. Hier befand sich
der Salon zum Empfang der Gäste und der Speisesaal. Die kleineren Schlafräume lagen
zum Hof hin. Die Wände pflegte man zum Schutz vor Feuchtigkeit mit Bildteppichen zu
verkleiden; erst etwas später kam in Imitation adeliger Sitten die Mode auf, das Haus
wie eine Kirche mit Fresken auszuschmücken, woraufhin die Wandteppiche durch Ma-
lereien ersetzt wurden. Die Küche lag in der dritten, obersten Etage, da Rauch- wie
Dunstabzug hier am ehesten gewährleistet waren. Auf der Dachterrasse gleich dane-
ben - die überdachte Loggia ist ein Zusatz aus dem 16. Jh. - wurde gefüttert, was später
im Kochtopf landen sollte: Kaninchen, Hühner, Tauben.