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bekommen hate. Tshehow liebte das Shwitzbad so sehr, dass er zeitweise eigens
eine Wohnung in der Nähe der Sanduny nahm.
Heute hängen an den Wänden im Eingangsbereih Fotos mit Widmungen von
zeitgenössishen Berühmtheiten und Halbberühmtheiten: vom Rehtspopulisten
Wladimir Shirinowski, der shreibt, dass »hier der einzige Ort ist, an dem noh
russishe Traditionen hohgehalten werden«. Vom Ringer Alexander Karelin,
Shahweltmeister Anatolij Karpow, vom Tennislehrer Boris Jelzins und von Oksana
Fjodorowa, der russishen Miss Welt aus dem Jahre 2002. Sie hält fest, dass »in die
Banja diejenigen gehen, die ihren Körper wihtig nehmen und ihn plegen«. Tat-
sählih war das Dampfbad über Jahrhunderte Bestandteil der Volksmedizin und
ofenkundig geht es in der Frauenabteilung zärtliher und weniger leistungsbewusst
zu als bei den Männern.
Dort beobahte ih immer wieder den russishen Mahogeist. Beim gemeinsamen
Shwitzen geht es dem »Mushik«, dem ehten russishen Mann, weniger ums
Wohlfühlen als um Abhärtung und um die Fähigkeit, Unangenehmes bis an die
Grenze des Menshenmöglihen zu ertragen. Meine beiden Söhne Max und Moritz
wollen auh einmal rihtige »Mushiki« werden und testen jedes Mal, wer von
ihnen es länger im Shwitzbad aushalten kann. Da gebe ih dann den Spielverder-
ber, lasse sie auf einer der unteren Stufen sitzen, wo es niht so heiß ist, und shike
sie nah wenigen Minuten raus in den Baderaum. Dort seifen sie sih voller Vergnü-
gen ein, während ih noh im Dampfbad sitze und mir die Menge um mih herum
anshaue.
Einige haben sportgestählte Bodybuilder-Körper, viele Bierbäuhe. Andere fallen
unter die Kategorie dürrer Professor, über die sih der Shritsteller Leonid Andrejew
(1871-1919) lustig mahte: »Der russishe Intellektuelle ist wahrlih eine be-
mitleidenswerte und läherlihe Ersheinung, auf jeden Fall als etwas Eigenartiges
und Nihtdagewesenes in der Geshihte eines ernsten Studiums würdig. Losgeris-
sen von der werktätigen Volksmasse, gehoben in grenzenlose Höhe, sat gefressen
bis zum Leibweh von dem geistigen Brot, sat getrunken von Git und Galle seines
ziellosen und leihtfertigen Daseins, zahlenmäßig gering, aber sih einzigartig
wähnend, dürr wie die Pharaonenkuh und genauso unersätlih - er sitzt in einer
komishen Sauna und shwitzt sih tot in ewiger und wilder Reue.«
Andere Shwitzgenossen läheln still vor sih hin, ganz oben in der rehten Eke
verzieht einer sein Gesiht, als würde er gefoltert. Fjodor Dostojewskij fällt mir ein.
Er hat sein eigenes Volk einmal so harakterisiert: »Ih glaube, das geistige Haupt-
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