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deutshen Stammtish, nur dass sie viel intimer ist. Ein in der Vertrautheit der
Banja gegebener Handshlag unter Freunden oder Geshätspartnern kann deshalb
mehr wert sein als ein dikes Vertragswerk.
Wenn Sie Moskau nur für ein paar Tage besuhen, werden Sie shwerlih das
Glük haben, zu solh einer Runde eingeladen zu werden. Sollte es dennoh passier-
en, lassen Sie alle anderen Pläne fahren, und shwitzen Sie mit. Ansonsten gehen
Sie für zwei Stunden in die Sandunowskaja-Banja, die älteste und shönste Badean-
stalt Moskaus. In den Neunzigern, den Jahren des wirtshatlihen Niedergangs,
erinnerten die Sanduny, wie sie der Volksmund zärtlih nennt, an ein
abgewirtshatetes Chemiekombinat. Aus löhrigen Leitungen shossen Dampf-
fontänen in den Himmel, im Winter gefroren die heißen Shwaden zu Eisgebilden.
Vor dem Gebäude, einem ehemaligen Adelspalast, türmten sih verrostete Rohre,
von der Fassade brökelte der Putz. Inzwishen ist die Fassade sorgsam restauriert,
davor parkt eine Ansammlung von Luxuskarossen, wie sie in Moskau sonst nur
noh vor Kasinos zu sehen ist: Mercedes, BMW und Audi gehören zu den billigeren
Modellen. Die Oberklasse stellen Lamborghinis, Bentleys und Rolls-Royce. Lange
shon haben die Sanduny den gleihmahenden Charakter verloren, als in einem
Dorf alle gemeinsam shwitzten, egal ob Gutsbesitzer oder Tagelöhner. Die Besitzer
der Limousinen mieten sih für mehrere Hundert Euro eine eigene Abteilung, in der
sie mit ihren Freunden unter sih sind.
Wenn Sie niht über ein wirklih fetes Bankkonto verfügen, tun Sie es mir nah
und lösen das gewöhnlihe Tiket für den Gemeinshatssaal für umgerehnet zwan-
zig Euro. Dort hängen ein paar alte Landshatsgemälde an der Wand, und die
Sitzbänke aus braunem Leder atmen noh den Geist der alten Zeit. Badelatshen,
Handtüher und den Wenik, das Reisigbündel, gibt es zu kaufen oder zu mieten.
Eine Rute aus Birkenzweigen soll gegen Erkältungen, eine aus Eihenzweigen bei
Erkältungen helfen, und Lindenzweige vertreiben augenbliklih Kopfshmerzen.
Die Banja ist das russishe Allheilmitel für Leib und Seele.
Für umgerehnet 35 Euro können Sie gleihsam erster Klasse saunieren und sih
in den Prahtsälen mit historishem Shwimmbeken niederlassen. Da fällt es Ihnen
auh leihter, sih in die Zeit zu versetzen, als hier die Dihter Alexander Pushkin
(1799-1837) und Anton Tshehow (1860-1904) sowie der Tenor Fjodor Shaljapin
(1873-1938) shwitzten. Seinen Namen verdankt das edle Badehaus dem Shauspiel-
er Sila Sandunow; er errihtete es mit dem Geld, das er durh den Verkauf der Bril-
lanten seiner Frau erzielte, die diese von Zarin Katharina der Großen geshenkt
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