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Menshen aus Zentralasien und dem Kaukasus, dem ehemaligen Süden der Sowje-
tunion, sind wahre Meister-Tamada.
Alle trinken Sekt und essen Toastbrot mit rotem Kaviar, später dann Pralinen.
Die Gäste rufen »gorko«, was übersetzt »biter« bedeutet. Damit wird in Russland
das Brautpaar zum Küssen animiert. Denn wenn es kein süßes Küsshen gibt, dann
wird der Sekt biter shmeken, heißt es. Unsere Hohzeitsgäste, auh die Deutshen,
beherrshen das Gorko-Rufen am Ende so gut, dass Marina und mir beim Küssen
regelreht die Lut ausgeht. Denn man darf den Kuss niht eher beenden, bis die
Gorko-Rufe verstummen.
Dann fordert der Tamada zum Aufbruh auf. Wassilij und Konstantin, bite lasst
mih jetzt niht im Stih! Der Shnee liegt zehn Zentimeter hoh auf dem Bürger-
steig. Eisig pfeit der Wind. Nahbarn eilen herbei und küssen Marina die Hand.
Dann steigt sie mit ihrer Muter in Wassilijs Oldtimer und fährt los. Zwei Minuten
später starte ih mit Konstantin und meinen Eltern. Etwa auf halber Streke, wir
passieren gerade den Kreml, überholen wir den Brautwagen. Ih bin erlöst. Marina
liebt mih wirklih. Jetzt ist alles nur noh Formsahe.
Auf dem Sags, das ist die Abkürzung für »sapis aktow grashdanskogo sostojan-
ije«, übersetzt »Eintrag von Akten des bürgerlihen Zustands«, vollzieht die
Standesbeamtin die Trauung. Marina und ih taushen die Ringe, der Hohzeits-
marsh von Mendelssohn ist zu hören. Weil viele Moskauer niht kirhlih heiraten,
ein Erbe der Sowjetzeit, ist die Zeremonie im Sags trotz des abshrekenden Namens
der Behörde etwas feierliher als in einem deutshen Standesamt. Unter sowjetisher
Herrshat waren kirhlihe Trauungen verboten. Langsam aber kommen sie wieder
in Mode. Marina und ih untershreiben die Heiratsurkunde, dann die beiden
Trauzeugen Marina und Wiktor. Dann trage ih meine Frau die Treppe hinunter
zum Ausgang. Die Gäste werfen Reis in die Lut. An der Wand prangt ein ge-
waltiges Mosaik, das Fabrikshlote und Felder und ein glüklihes Paar zeigt. Die
Neuverheirateten, so die Botshat aus Sowjetzeiten, sind Teil des Aufbaus einer
sozialistishen Gesellshat.
Vom Standesamt aus begeben wir uns auf eine Tour durh das winterlihe
Moskau. An der Kremlmauer am Grabmal des Unbekannten Soldaten legen wir ein-
en Strauß Blumen nieder. Auf den Sperlingsbergen, dort wo sih die Lomonossow-
Universität 240 Meter hoh in den Himmel erhebt, tanzen wir zu den Klängen eines
Akkordeonspielers Walzer im Shnee. Wenn Sie an einem Samstag oder Sonntag in
Moskau sind, mahen Sie einen Absteher zu den Sperlingsbergen. Dort bietet sih
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