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mit einer Mishung aus Mitleid und Absheu. Sie sind der Bodensatz der Expat-
Gesellshat. Wenn das Konto mal leer war, konnte ih mir immer noh sagen: »Ih
bin zwar pleite - aber wenigstens kein Englishlehrer.« Doh dann kam dieser eine
Tag.
Als freishafender Autor hat man manhmal sehr viel Geld und ot sehr wenig.
Der eine Tag iel in eine Phase mit eher wenig Geld. In unserer Straße verbreitete
sih die Nahriht, dass eine neu eröfnete Shule in der Nähe dringend Eng-
lishlehrer suhe. Lohn: zwölf Dollar pro Unterrihtseinheit. Meine Frau sah eine
Gelegenheit, die Haushaltskasse aufzubessern, stekte mih in polierte Shuhe, zog
mir ein weißes Hemd an und zerrte mih wie ein maulendes Kind an der Hand zu
der Shule. Die Einrihtung hieß »Universität des Lebens«. Wie passend.
Ih muss zu meiner Verteidigung sagen: Ih habe alles getan, um den Job niht zu
bekommen. Höhere Shulen sind in Kambodsha grundsätzlih privat. Das hört sih
elitär an, bedeutet in der Regel aber nur, dass die Shulen niht ganz so haotish
sind wie die staatlihen. Die Gebäude sind meist Betonkästen mit getönten Fen-
stern, die in irgendeiner shrillen Farbe gestrihen sind: blutrot oder neongelb zum
Beispiel. Die Shule des Lebens ist orange wie eine Bauarbeiterweste.
Das Büro des Direktors war typish asiatish eingerihtet: Eine willkürlihe An-
sammlung von Statussymbolen, haotish und trotzdem unpersönlih. In der Mite
stand ein massiver Shreibtish aus geshnitztem Tropenholz, der den ganzen Raum
auszufüllen shien. Die Deke war mit Stuk verziert - »hinesisher Neo-Jugend-
stil« könnte man das nennen. Bei einer gefühlten Raumhöhe von 1,60 Metern wirkte
die Verzierung deplatziert. Fenster hate das Büro keine, sämtlihes Liht kam aus
Neonröhren. Die Wände waren in gitigem Mintgrün gestrihen, wahrsheinlih um
Bewerber bei Gehaltsverhandlungen vorsorglih in den Wahnsinn zu treiben. Auf
dem Shreibtish lagen keinerlei persönlihe Gegenstände, keine Überrashungseier-
iguren, keine Fotos von den Kindern. Statdessen ein teurer Dell-Flatscreen, eine
Sammlung von Druker-Katalogen, eine kastenförmige Handlampe für möglihe
Stromausfälle und ein vergoldetes Namensshild aus graviertem Metall, das den
Besitzer als Mr Sen Somly auswies, »Financial Director« der »Universität des
Lebens«. Das ist auh so ein asiatishen Ding - kein Shreibtish ohne das goldene
Namensshild. Mr Sen war dem Aussehen nah ofensihtlih hinesisher Abstam-
mung - und Chinesen gelten in Kambodsha als besonders harte Verhandlungspart-
ner.
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