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»Opfer eines neuen Aushwitz« verliehen würde. Reiht es niht zu wissen, dass
12 000 Menshen unter unvorstellbaren ualen gestorben sind?
Tatsählih sehe ih hinter der Glassheibe einen Menshen, der ershrekend
sympathish ist. Ih studiere sein Gesiht und versuhe herauszuinden, welhe
Charaktereigenshaten ihn zum Massenmörder qualiizieren.
Ist er ein Sadist?
Das wäre die naheliegendste Erklärung - dass sih unter dem harmlosen, ja höf-
lihen Autreten ein Kranker verstekt, ein Irrer, ein geborener Verbreher. Doh ih
inde keinen Hinweis darauf, weder in seinem Gesiht, noh in seiner Biograie. Nic
Dunlop, der Fotojournalist, der Duh im Jahr 2003 entdekte - verstekt als Lehrer
in einem Dorf an der thailändishen Grenze -, interviewte für sein Buh ehemalige
Mitshüler, Shüler und Kollegen von Duh, die ihn noh aus den Zeiten kannten,
als er Shüler am Lycée war oder als er später als Mathematiklehrer in einer Provin-
zstadt arbeitete. Eine Frau, mit der er als Shüler in einer Klasse war, berihtete, er
habe sie immer als gleihberehtigt behandelt und sie aufgefordert, stark wie ein
Mann zu sein. Seine Shüler beshrieben ihn als engagiert und behutsam, er habe
sie niemals geshlagen, obwohl dies in Kambodsha damals wie heute üblih war. Er
bot armen Shülern Essen und Unterkunt an, damit sie ihre Shulausbildung
fortsetzen konnten. Nah dem Unterriht zeigte er hinesishe Propagandailme oder
verteilte Flugbläter. Mit seinen Shülern organisierte er Arbeitsgruppen, um den
Bauern dabei zu helfen, die Dämme für ihre Reisfelder zu errihten. Das klingt
niht nah einem Irren, sondern nah einem Idealisten.
War es vielleiht der Wunsh nah persönliher Bereiherung - ein Motiv, das
einst so viele Menshen in die Arme der Nazis trieb?
Auh das kann es niht gewesen sein. Seine Shüler berihten, er sei als Lehrer
jeden Morgen auf einem zerbeulten Fahrrad zur Shule gekommen, das Hemd aus
der Hose hängend - obwohl er sih einen Motorroller oder ein Auto häte leisten
können.
Einen Großteil seines Gehaltes hat Duh der kommunistishen Partei gespendet.
Und selbst Jahre später, als Kommandant von S-21, lebte er spartanish.
Duh redet jetzt seit fünfzehn Minuten, er steht immer noh. Und dann liefert er
von selbst eine Antwort auf meine Fragen. Er erzählt, wie seine Vorgesetzten ihm
die Leitung eines Vernihtungslagers übertrugen, M-13, ein Vorläufer von S-21. Er
habe sie angeleht, einen anderen für die Aufgabe auszuwählen. Sie sagten nur:
»Mit euh Intellektuellen müssen wir streng sein.« Duh sagt, er habe erkannt, dass
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